Fünf Mythen über unser Körperbild

Artikel von Sam Allberry
3. Januar 2022 — 8 Min Lesedauer

Ein verzerrtes Bild

Ein Freund erzählte mir, seine Augen lägen zu nah beieinander. Andere sind unsicher aufgrund ihres Gewichts oder ihrer Größe. Wann immer Menschen auf ihren Körper zu sprechen kommen, haben die meisten irgendwas an sich auszusetzen: die Form der Nase, die Größe der Ohren oder die Körperproportionen im Verhältnis zueinander.

Es scheint, als seien die wenigsten von uns zufrieden mit unserem Körper. Dafür gibt es natürlich verschiedene Gründe – ein von den Medien aufgedrängtes, unrealistisches Schönheitsideal gehört sicher dazu – aber in Summe führt das häufig zu einem verzerrten Bild auf unseren Körper. Fünf Mythen sind hier besonders verbreitet:

Mythos #1: „Mein Körper ist ein Fehler.“

Kürzlich kaufte ich eine neue Lampe für mein Zuhause. Beim Zusammenschrauben stellte ich fest, dass die einzelnen Teile nicht richtig hergestellt worden waren und daher nicht zusammenpassten. So denken viele von uns über ihren Körper: Es muss bei unserer Herstellung irgendein Problem in der Fabrik gegeben haben – nur haben wir leider nicht die Möglichkeit zur Reklamation.

„Aber unabhängig davon, wie wir über unseren Körper denken: Die Bibel macht sehr deutlich, dass Gott ihn gemacht und zwar sorgfältig gemacht hat!“
 

Aber unabhängig davon, wie wir über unseren Körper denken: Die Bibel macht sehr deutlich, dass Gott ihn gemacht und zwar sorgfältig gemacht hat:

Denn du hast meine Nieren gebildet; du hast mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir dafür, dass ich erstaunlich und wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl! (Ps 139,13–14)

David preist Gott genau dafür, wie er physisch erschaffen wurde. David war sich der Makel seines Körpers sicher bewusst (wie wir alle). Aber das hieß nicht, dass sein Körper ein Fehler war. Gott hatte ihn gemacht. Und das bewusst und gut.

Mythos #2: „Das bin nicht wirklich ich.“

Manchmal fühlt sich unsere äußere Erscheinung so losgelöst von dem an, was wir uns wünschen, dass wir schlussfolgern, das seien nicht wirklich wir. Das kann so weit gehen, dass wir uns in unserem eigenen Körper fremd fühlen: „Das kann doch nicht wirklich ich sein“.

Neulich sah ich ein Interview mit einem Transgender-Hollywoodstar, der kurz zuvor angefangen hatte, sich als Mann zu identifizieren und daher verschiedene Operationen durchlief, um den Körper mit dieser Identität in Einklang zu bringen. Folgendes Zitat aus dem Interview war besonders eindrücklich:

„Wenn du so aus der Dusche steigst, ein Handtuch um die Hüften legst und dich im Spiegel anschaust und sagst: Da bin ich.“

Daraus lässt sich schließen, dass das vorherige Spiegelbild gefühlt zu jemand anders gehört hatte. Und nun war das endlich anders.

Solche Gefühle können zutiefst schmerzhaft sein und wir müssen immer emphatisch mit solchem Leid umgehen. Aber dieser Sprung von der Entfremdung des eigenen Körpers hin zu der Schlussfolgerung „Das bin nicht wirklich ich.“ ist einer, den die Bibel uns nicht machen lässt.

Die Schrift zeigt, dass genau wie Gott unseren Körper gemacht hat (und das absichtsvoll), dieser auch Teil unserer Berufung ist. Unser Körper repräsentiert nicht die Gesamtheit dessen, wer wir sind. Wir sind mehr als unser Körper, aber gewiss nicht weniger oder davon verschieden.

Als Gott Adam erschuf, machte er nicht eine Seele namens „Adam“ und suchte nach irgendeiner beliebigen Materie, die die Seele dann fassen sollte. „Da bildete Gott der HERR den Menschen, Staub von der Erde, und blies den Odem des Lebens in seine Nase“ (1Mose 2,7). Wir sind nicht in einen Körper eingebettete Seelen, sondern belebte Materie. Unser Körper macht uns aus.

Mythos #3: „Ich bin nicht schön anzusehen.“

Ein Teil unserer Unsicherheit liegt vielleicht gar nicht so sehr darin begründet, wie wir selbst über unseren Körper denken, sondern vielmehr darin, wie andere es tun. Ein Schulfreund von mir hatte ein paar auffällige Muttermale im Gesicht und wurde so zur Zielscheibe einiger Jungs, die alles benutzten, um andere zu ärgern. Jahre später vertraute er mir seinen Schmerz über diese Erfahrung an, die sogar zu Langzeit-Schlafstörungen geführt hatte.

Solche Erfahrungen sind nichts Ungewöhnliches. Sei es ausgelöst durch Mobbing oder etwas ganz anderes: Es kann passieren, dass wir befürchten, aufgrund unseres Aussehens Probleme mit anderen zu bekommen. Wir fühlen uns wie eine wandelnde Zielscheibe.

Tatsache ist, dass wir es mit unserem Aussehen nie allen recht machen können. Selbst wenn wir unseren Körper in Form bringen oder das Geld haben, uns einer Schönheitsoperation zu unterziehen – wir werden immer Makel haben. Nichts wird das endgültig verhindern können. Wir werden nie das Ideal erreichen, von dem wir glauben, es erreichen zu müssen, um die Erwartungen anderer zu erfüllen.

Und deshalb ist das Evangelium eine solch gute Nachricht. Die Bibel sagt uns, dass Jesus uns durch seinen Tod erkauft hat. Folglich gehören wir nun ihm:

„Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des in euch wohnenden Heiligen Geistes ist, den ihr von Gott empfangen habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft; darum verherrlicht Gott in eurem Leib und in eurem Geist, die Gott gehören!“ (1Kor 6,19–20)

Es gibt viel dazu zu sagen, aber lasst uns fürs Erste Ruhe in dieser Wahrheit finden: Wenn unser Körper Jesus gehört, ist Jesus der einzige, dem unser Körper gefallen muss. Und das ist viel leichter, als es unserer Gesellschaft oder unseren Schulfreunden recht zu machen. Paulus ermahnt uns: „Dass ihr eure Leiber darbringt als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer“ (Röm 12,1). Ein Körper, der Jesus gefällt, ist einer, der ihm und seinen Absichten hingegeben ist. Und wenn er sich über einen solchen Körper freut, merken wir schnell, dass letztlich nur das zählt.

Mythos #4: „Mein Körper ist unglaublich abstoßend.“

Wir alle sind uns der Makel unseres Körpers bewusst. Aber manche empfinden eine deutlich höhere Unzufriedenheit mit ihrem Körper als andere und denken, sie seien die einzigen mit bestimmten Problemen. Manche Menschen glauben, sie seien besonders unattraktiv oder sogar abstoßend.

Eine Freundin meiner Familie wollte vor einigen Jahren nur bei uns im Auto mitfahren, wenn sie hinten sitzen durfte und wir ihr versprachen, sie nicht anzuschauen – als so furchtbar empfand sie ihr Aussehen. Sie war extrem unsicher.

In Wirklichkeit sind derart verunsicherte Menschen nie so unattraktiv, wie sie denken. Es scheint unmöglich für sie, etwas anderes als ihre Fehler zu sehen und sie denken, das würden andere auch tun.

Hier ist es hilfreich, sich die Beschreibung vom Mann der Schmerzen vor Augen zu führen:

„Gleichwie sich viele über dich entsetzten – so sehr war sein Angesicht entstellt, mehr als das irgendeines Mannes, und seine Gestalt mehr als die der Menschenkinder“ (Jes 52,14)
„[W]ie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er“ (Jes 53,3)

Die brutale Auspeitschung und Kreuzigung Jesu war so unvorstellbar grausam, dass die Menschen ihn nicht ansehen konnten. Er weiß wie es ist, wenn das eigene Aussehen für andere abstoßend ist. Seine Schande – nicht unsere – war einzigartig. Und er nahm sie für uns auf sich, damit wir sie nicht tragen müssen und er uns nun trösten kann, wenn es sich doch so anfühlt.

Mythos #5: „Mein Körper wird nie mehr so gut, wie er mal war.“

Es ist immer spannend, wenn wir in sozialen Medien zufällig auf Bilder von alten Freunden stoßen und sehen können, wie sie heute aussehen. Der Vergleich zu früher ist nicht immer schmeichelhaft: Da gibt es den Bierbauch, Haarausfall, graue Haare oder die tiefen Falten im Gesicht.

„Aber das Evangelium ist eine gute Nachricht für unseren Körper, nicht nur für unsere Seele.“
 

Tatsache ist, dass für uns alle der Zeitpunkt kommen wird, an dem wir nicht mehr in Topform sind. Wir werden nicht mehr so stark sein früher. Wie werden nicht mehr so schön sein wie früher. Die glorreichen Zeiten (wenn es sie denn jemals gegeben hat), werden dann endgültig vorbei sein.

Aber das Evangelium ist eine gute Nachricht für unseren Körper, nicht nur für unsere Seele. Wir denken vielleicht oft, dass Gott sich langfristig nur für das „Geistliche“ an uns interessiert, aber das Evangelium der Bibel ist viel reichhaltiger. In Christus hat unser Körper eine Zukunft. Paulus spricht davon, dass wir alle „seufzend die Sohnesstellung, die Erlösung unseres Leibes [erwarten]“ (Röm 8,23). Gottes ewiger Plan mit uns beinhaltet unseren Körper. Die Zukunft, die vor uns liegt, ist eine physische, mit einem verherrlichten Körper. Jesu Auferstehung ist wie eine Art Vorlage, die darauf hindeutet, was uns einmal erwartet (vgl. Phil 3,21). Die besten Tage liegen nicht hinter, sondern vor uns – und das betrifft auch unseren Körper.