Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen

Artikel von Donny Friederichsen
28. September 2021 — 3 Min Lesedauer

Das Gesicht des Professors war wutverzerrt, als er mich anschrie und mir eine Handvoll zerrissenen Papiers vor die Nase hielt. Er beschuldigte mich, Studenten belästigt und angegriffen zu haben. Was hatte ich denn verbrochen? Ordnungsgemäß hatte ich Flyer an einer Pinnwand angebracht, um für ein campusweites Evangelisationsprogramm zu werben, das von unserer Studentenmission finanziert wurde. Ich war sprachlos. Nie zuvor war ich so harsch angegangen worden.

Im ersten Moment hätte ich mich am liebsten verkrochen. Dann aber merkte ich, dass dieser Mann letztlich gar kein Problem mit mir hatte, sondern mit Christus selbst. Als ich von ihm wegging, fühlte ich eine tiefe Freude: Ich konnte mich über das kleine Leiden freuen, das ich für den Einen ertragen durfte, der für mich gelitten hat. Die letzte Seligpreisung Jesu hat es besonders in sich: Sie lehrt uns, dass das Verschmäht-werden zwar ein herausfordernder Teil des Glaubenslebens ist, aber als Grund großer Freude anzusehen ist.

In der letzten Seligpreisung zeigt sich eine kleine Verschiebung des Schwerpunkts. Alle vorherigen Seligpreisungen richten sich an Menschen mit bestimmten Eigenschaften: Selig sind die Armen im Geiste, die Sanftmütigen oder die Friedenstifter. Aber die letzte Seligpreisung enthält die zweite Person Plural: „Selig seid ihr.“ Ab hier sagt Jesus seinen Jüngern, was mit ihnen geschehen wird. Wir werden verschmäht. Wir werden verfolgt. Man wird uns allerlei böse Unwahrheiten nachsagen. Wir werden verbal angegriffen, körperlich belästigt und um Christi Willen verleumdet werden. Wenn dies geschieht, können wir uns glückselig schätzen.

Verschmäht, verfolgt oder fälschlicherweise angeklagt zu werden, klingt nicht gerade wie pures Glück. Dennoch gibt es mindestens drei Gründe zur Freude, wenn wir verschmäht werden.

Wir dürfen uns erstens darüber freuen, dass wir am Leiden Christi teilhaben dürfen:

„Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wärt, so hätte die Welt das ihre lieb; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt heraus erwählt habe, darum hasst euch die Welt“ (Joh 15,18–19).
„Wenn wir um Christi Willen verschmäht werden, dann können wir uns freuen, weil es ein Zeichen dafür ist, dass wir in Christus sind.“
 

Wenn wir um Christi Willen verschmäht werden, dann können wir uns freuen, weil es ein Zeichen dafür ist, dass wir in Christus sind.

Zweitens können wir uns auch über Schmähungen freuen, weil wir, wenn wir die Verfolgung treu ertragen, zu den Helden des Glaubens gehören, die vor uns gewandelt sind. Jesus erinnert seine Jünger daran, dass sie nicht die ersten sind, die Verfolgung ertragen müssen: „Ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch gewesen sind“ (Mt 5,12). Auch haben wir, die wir in Christus sind, nicht nur Anteil am Leiden anderer, sondern in gewisser Weise werden wir zur Schar der Heiligen gezählt, die um Christi Willen Verfolgung erduldet haben. Wenn wir verschmäht werden, weil wir die Wahrheit Gottes verkünden, werden wir zu dieser edlen Gruppe gezählt. Unsere Perspektive ändert sich, wenn wir auf das Leben derer schauen, die treu ausgehalten haben. Wir können die „Bedrängnis, die schnell vorübergehend und leicht ist“ gegen die „ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit“ (2Kor 4,17) eintauschen. Wir können uns freuen, da die Schmähungen der Menschen zum Lob Christi werden. Unehre wird zur Herrlichkeit, Schmähung zum Segen.

Zu guter Letzt können wir uns auch glücklich schätzen, weil der Schmähung eine große Belohnung im Himmel folgen wird. Die Details der Belohnung bleiben zwar noch verborgen, doch können wir davon ausgehen, dass Gott es versteht, gute Gaben zu geben (Mt 7,11). Auch wenn wir schon in diesem Leben einige Segnungen der Gnade Gottes erfahren dürfen, sollen wir letztlich unseren Lohn im Himmel suchen. Außerdem sollen wir darauf vertrauen, dass der Lohn Gottes die Verfolgung, die wir hier ertragen müssen, bei weitem übertrifft.