Der Christ und die Arbeit

Buchauszug von Rudi Tissen
24. Juni 2021 — 6 Min Lesedauer

Eine Möglichkeit, Christus zu bekennen

Christus zu bekennen, bedeutet natürlich auch, ihn zu verherrlichen. Trotzdem ist dieser Punkt für sich selbst erwähnenswert und ich glaube, dass wir als Christen immer wieder daran erinnert werden müssen: Es gibt Leute um uns herum, die auf dem Weg sind, für immer verloren zu gehen. Im Normalfall ist der Großteil unserer Arbeitskollegen ungläubig. Wenn wir dann von einer gewöhnlichen Arbeitswoche (ca. 40 Stunden) ausgehen, verbringen wir einen großen Teil der Woche mit Menschen, die das Evangelium der Gnade brauchen, um gerettet zu werden.

„Früher oder später werden sich Möglichkeiten auftun, in denen es darauf ankommt, zum christlichen Glauben zu stehen oder diesen zu verleugnen.“
 

In einem ganz normalen Betrieb oder Unternehmen sind wir als Christen nicht in der Überzahl und so ist Konfrontation vorprogrammiert. Früher oder später werden sich Möglichkeiten auftun, in denen es darauf ankommt, zum christlichen Glauben zu stehen oder diesen zu verleugnen. Es kann um ethische Fragen gehen oder auch um die Frage nach einer absoluten Wahrheit, die für alle gilt. Vielleicht hast du aber auch einen Arbeitskollegen, der am Sinn seines Lebens zweifelt und Antworten sucht. Das alles sind wunderbare Möglichkeiten, um die Wahrheit von Jesus Christus zu bekennen.

Eine Möglichkeit, anderen zu helfen

Die Möglichkeit, anderen zu helfen, ist wohl etwas, was wir nicht unbedingt sofort mit unserer alltäglichen Arbeit in Verbindung bringen. Aber ich glaube, dass Gott uns einen Job nicht nur gibt, damit wir uns selbst versorgen können, sondern auch die Möglichkeit haben, Menschen zu unterstützen und zu helfen, die weniger haben als wir.

Ist dir schon mal aufgefallen, wie oft Gott uns (direkt und indirekt) dazu aufruft, den Armen in der Gemeinde zu helfen? Diesen Aufforderungen zu folgen wäre wohl etwas kompliziert, wenn alle Christen in die freiwillige Arbeitslosigkeit flüchten würden.

„Aber heutzutage gibt es in Deutschland doch keine wirklich Armen, oder?“ Na ja, sicherlich geht es den meisten von uns ziemlich gut und manchmal scheint der Wohlstand selbst für uns zur Last zu werden. Trotzdem glaube ich, dass die Aufforderung der Apostel, den Armen zu helfen, auch heute sehr aktuell ist. Vielleicht nehmen wir uns manchmal einfach zu wenig Zeit, darüber nachzudenken, ob jemand bei uns in der Gemeinde finanzielle Hilfe nötig hat. Ich denke an die alleinerziehende Mutter, die keine Möglichkeit hat, arbeiten zu gehen, weil sie sich um ihren kleinen Säugling kümmern muss. Was ist mit dem Familienvater, der plötzlich seine Arbeitsstelle verloren hat und nicht weiß, wie er die Reparaturen an seinem Auto bezahlen soll? Und einmal außerhalb des Gemeindekontextes gedacht: Ich bin mir sicher, dass es in jeder Stadt eine große Anzahl an Menschen gibt, die in unfreiwillige Armut geraten sind und ganz auf sich allein gestellt sind. Weil ich selbst von Gott reich beschenkt bin, sowohl durch die Erlösung als auch durch viele gute Gaben, soll ich aus Dankbarkeit anderen Menschen helfen.

Außerdem: Die Sache mit den Ochsen

Es gibt noch eine Gruppe von Menschen, denen wir helfen können und sollen. Ich spreche hier von den Menschen, die eben keinen „normalen“ Job haben, sondern sich ganz auf die Arbeit im Reich Gottes konzentrieren. Das können Missionare sein oder auch Pastoren. Paulus ruft uns in 1.Timotheus 5,18 auf: „Du sollst dem Ochsen, der drischt, nicht das Maul verbinden.“ Was so viel heißt wie: „Sorgt dafür, dass euer Pastor (und seine Familie) versorgt ist. Er soll sich voll und ganz um die Gemeinde kümmern.“ Wenn man sich anschaut, was Paulus im 15. Kapitel des Römerbriefs schreibt (Röm 15,24), dann merkt man, dass er voraussetzt, dass die meisten der Gemeindemitglieder einer bezahlten Arbeit nachgehen und deshalb etwas geben können.

„Versuche, deine Arbeit als Möglichkeit zu sehen, diejenigen zu unterstützen, die Gott als deine Hirten eingesetzt hat.“
 

Einige Christen finden es eigenartig und unpassend, wenn man jemanden dafür bezahlt, dass er predigt. Abgesehen davon, dass die Arbeit eines Pastors nur zu einem kleinen Teil daraus besteht, zu predigen, hatte Paulus überhaupt kein Problem damit. Vielmehr fand er es problematisch, wenn Christen sich weigerten, ihre Ältesten und Pastoren finanziell zu unterstützen. Es ist nicht besonders geistlich, sich nicht um die zu kümmern, die für dich beten, sich seelsorgerlich um dich kümmern, dich besuchen und das Wort Gottes Sonntag für Sonntag verkündigen. Ich würde eher sagen, es ist ziemlich fleischlich. Und ich glaube, Paulus würde mir zustimmen. Wie wunderbar ist es auf der anderen Seite, wenn ich die Möglichkeit habe, meinen Pastor finanziell zu unterstützen, damit er sich ohne finanzielle Sorgen für die Gemeinde einsetzen kann. Versuche, deine Arbeit als Möglichkeit zu sehen, diejenigen zu unterstützen, die Gott als deine Hirten eingesetzt hat.

Arbeit als Arbeit sehen – und nicht mehr...

Auf einen letzten Punkt will ich noch gerne eingehen. Wie in so vielen Bereichen unseres Lebens, ist es auch in Bezug auf die Arbeit und unseren Beruf wichtig, die Prioritäten richtig zu setzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass der biblische Anspruch an uns Christen ist, den Beruf, den wir gewählt haben, mit Verantwortungsbewusstsein und Leistungsbereitschaft auszuüben. Wir sollen in dieser Weise auch ein Vorbild für die Nichtchristen sein. Weil wir als Christen davon überzeugt sind, dass alles unserem Gott gehört, sollten wir mit noch größerer Freude und Leidenschaft die Arbeit verrichten, die der große „Arbeitgeber“ uns geschenkt hat.

Man kann aber auf der anderen Seite vom Pferd fallen. Dies geschieht nämlich dann, wenn aus Verantwortungsbewusstsein Götzendienst und aus Leistungsbereitschaft Geld- und Machtgier wird. Als Christen dürfen wir niemals die Gabe Gottes selbst zu einem Götzen werden lassen, der unser Leben so bestimmt, dass der wahre und lebendige Gott mehr und mehr aus unserem Denken, Fühlen und Wollen verdrängt wird. Auch Christen stehen in der Gefahr, ihren Beruf zu „vergöttern“. Das kann so aussehen, dass wir eben nicht zuerst an Gottes Gebote und Ehre denken, sondern nur noch von der Frage angetrieben werden, wie wir noch mehr Geld verdienen oder auf der Karriereleiter weiter nach oben steigen können. Wir sind von Gott nicht dazu geschaffen worden, dass wir uns um die Schöpfung drehen. Vielmehr hat er uns dazu gemacht, dass wir an allen Tagen unseres Lebens ihm die Ehre geben, indem wir z.B. die Schöpfung in der Weise gebrauchen, wie er sich das gedacht hat. Der Schöpfung mehr Aufmerksamkeit zu schenken als Gott, ist schlicht und ergreifend Götzendienst. Und Götzendienst wirkt nicht erfüllend, sondern zerstörerisch. Nicht die Arbeit, nicht das Geld, sondern Jesus soll mein größter Schatz sein und bleiben, auch dann, wenn ich im Beruf riesigen Erfolg habe. Auch hier hilft es enorm, die Perspektive des Evangeliums nicht aus den Augen zu verlieren: Christus hat mich von der Sklaverei der Sünde und des Götzendienstes befreit. Er hat mich befreit, um meine Arbeit nicht zu meiner, sondern zu seiner Verherrlichung einzusetzen. Er hat mir Fähigkeiten geschenkt und mich durch den Glauben an das Evangelium dazu befreit, diese zu seiner Ehre zu gebrauchen.

Weiterlesen

Der gesamte Artikel findet sich in dem Buch Ein Leben zur Ehre Gottes (Band 1). Das Buch wurde von Jochen Klautke, Lars Reeh und Hanniel Strebel herausgegeben.

Weitere Infos und eine Bestellmöglichkeit gibt es hier.