Unsere Hoffnung neu auf die Mitte ausrichten

Warum es sich lohnt, den 1. und 2. Petrusbrief zu studieren

Artikel von Jonathan Dodson
2. Juni 2021 — 6 Min Lesedauer

Verwirrende Zeiten

Kürzlich erzählte mir eine Freundin, dass das Klima in ihrer Gemeinde durch unterschiedliche politische Ansichten so angespannt ist, dass sie es nicht wagt, bei ihren Mitchristen politische Themen anzusprechen. In meiner eigenen Gemeinde fragte mich jemand, ob es okay sei, sich am Arbeitsplatz nicht als evangelikal zu bezeichnen. Er fürchtet, die Leute könnten daraus falsche Schlüsse ziehen. Viele, mit denen ich rede, zögern, am Arbeitsplatz das Evangelium weiterzugeben, weil sie Angst haben, ihren Job zu verlieren. Die Kultur verändert sich in einem Tempo, bei dem man sich schnell desorientiert fühlen kann – in der Gesellschaft, in unseren Gemeinden und sogar in Bezug auf Gott.

Der Apostel Petrus schrieb an Menschen, die sich ähnlichen Herausforderungen gegenübersahen, auch wenn ihre Lage sich in den Details von unserer unterschied. Er schickte Briefe an Christen in fünf verschiedenen Gegenden, die eine schwindelerregende kulturelle Desorientierung erlebten. Seine Briefe sind auch für unsere Zeit voller Weisheit. Ihre Quintessenz lautet: Kulturelle Desorientierung bietet uns die Chance, unsere Hoffnung wieder auf ihr Zentrum auszurichten.

„Sollten wir als Heilige in einer unheiligen Kultur nicht ein bisschen auffallen? Wenn es uns zu wichtig wird, kulturell relevant zu sein, kompromittieren wir unsere Hoffnung.“
 

Man kann sich leicht zu der Hoffnung verführen lassen, dass die Menschen unsere Ansichten akzeptieren werden. Wir geben uns oft beträchtliche Mühe, damit niemand auf die Idee kommt, dass unser Christsein uns zu komischen Vögeln macht. „Du solltest mal am Sonntag mitkommen. Da gibt es wirklich viele coole Leute.“ Oder wir gehen gleich jedem Gespräch über das Evangelium aus dem Weg. Aber sollten wir als Heilige in einer unheiligen Kultur nicht ein bisschen auffallen? Wenn es uns zu wichtig wird, kulturell relevant zu sein, kompromittieren wir unsere Hoffnung. Petrus steuert diesem Impuls entgegen, den christlichen Glauben aufzuweichen, um von der Kultur akzeptiert zu werden.

Auf der anderen Seite steuert er auch gegen den Wunsch, die Kultur zu dominieren, gegen eine mehr durchsetzungswillige und kritische Haltung, die eher zu Angriff oder Rückzug neigt als zum Frieden. Wenn wir anfangen, unsere Hoffnung auf kulturelle Dominanz zu setzen, tendieren wir zu hitzigen politischen Diskussionen, Schimpftiraden in den sozialen Medien und dem subtilen Wunsch, die Regierung würde sich uns mehr anpassen. Weil er diese Versuchung wahrnimmt, schreibt Petrus: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Schmähung mit Schmähung, sondern im Gegenteil segnet“ (1Petr 3,9). Der herrschsüchtigen Haltung, die Gleiches mit Gleichem vergelten möchte, begegnet er mit der Ermahnung, die zu segnen, die uns beschimpfen oder uns Böses tun.

Die Hoffnung neu auf die Mitte ausrichten

Wie können wir dahin kommen, andere inmitten dieser Verwirrung zu segnen?

Wenn wir uns verirren, müssen wir nach einem Orientierungspunkt Ausschau halten – einem Stern, einem Straßennamen, etwas, das uns vertraut ist und sich nicht ändert, und dann versuchen, uns von da nach Hause vorzuarbeiten. Um uns wieder zu zentrieren, müssen wir uns an Gottes Berufung festhalten, nämlich hier als Fremdlinge mit einer Hoffnung zu leben.

„Petrus macht seine Hoffnung mal an einem bestimmten Ereignis, mal an einem Zeitalter fest, aber immer an einer Person: ‚… durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten‘.“
 

Biblische Hoffnung ist weder passiv noch aggressiv; sie strebt nicht nach kultureller Relevanz oder Herrschaft. Sie operiert auf einer anderen Ebene. Sie tritt aus dem kulturellen Kontext heraus und weigert sich, sich davon definieren zu lassen; sie versucht, alles aus dem Kontext der Ewigkeit zu betrachten. Petrus schreibt:

„Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns aufgrund seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das im Himmel aufbewahrt wird für uns“ (1Petr1,3–4).

Petrus macht seine Hoffnung mal an einem bestimmten Ereignis, mal an einem Zeitalter fest, aber immer an einer Person: „… durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten“. Jesus kam aus der Zukunft in die Gegenwart, brachte ein Stück Himmel mit sich und sicherte uns eine Auferstehungs-Zukunft. In Jesus ist das Leben aus dem Tod herausgestiegen … und wir steigen mit ihm heraus mit der Hoffnung auf eine ganz neue Welt. Wenn wir darauf nun unsere Hoffnung neu ausrichten – wie ändert das die Art und Weise, wie wir auf unsere Mitmenschen reagieren?

Die verändernde Wirkung der Hoffnung

Petrus stellt als erstes fest, dass unsere Hoffnung sich darauf auswirkt, wie wir leiden: „Dann werdet ihr euch jubelnd freuen, die ihr jetzt eine kurze Zeit, wenn es sein muss, traurig seid in mancherlei Anfechtungen“ (1Petr 1,6). Wenn unsere Hoffnung wieder neu auf den auferstandenen Christus ausgerichtet wird, können wir uns in Anfechtungen aller Art und Schwere freuen. Wenn das Gespräch über Politik spannungsgeladen wird, müssen wir nicht zornig oder bitter werden, denn in Christi Zukunft werden wir unter seiner gerechten Regierung ein wunderbares Erbteil erhalten. Das heißt nicht, dass wir unbequemen Debatten ausweichen sollten, denn wir wissen, dass unsere Hoffnung uns dazu drängt, jetzt schon etwas vom Himmel auf die Erde zu bringen. Wenn wir unser Tun aus der ewigen Perspektive betrachten, können wir es riskieren, Missbilligung zu erfahren. Wir werden trotzdem über die Hoffnung sprechen, dass es durch Jesus eine gerechte Welt geben wird, während wir uns gleichzeitig für eine solche einsetzen.

Die Hoffnung der Auferstehung gibt auch intensivem Leiden einen neuen Deutungsrahmen. Als meine Mutter in der Notaufnahme war, sah mein Vater, wie ihr Herz versagte. Die Krankenschwestern riefen: „Bleiben Sie bei uns!“ Papa dachte ununterbrochen: „Sie hat noch so viel zu tun. Nicht jetzt, Herr!“ Dann kam der Puls meiner Mutter zurück. Während dieser schweren Zeit für meine Eltern fragte ich meine Mutter, wie es ihr ging. Ihre Antwort drehte sich nicht um ihren gesundheitlichen Fortschritt, sondern sie sagte nur: „Dein Vater ist mir eine große Hilfe.“

„Wenn die Hoffnung wieder neu auf Jesus ausgerichtet wird, dann bringt uns das Leiden in Einklang mit unserem Retter und befreit uns dazu, die Welt zu segnen.“
 

Als ich meinen Vater fragte, wie es ihm damit ging, so mit Mamas Sterblichkeit konfrontiert zu werden, vertraute er mir unter Tränen an, wie ihm diese ganzen Geschehnisse seine Liebe zu ihr bewusst gemacht hatten. Sie waren über vierzig Jahre verheiratet, und doch erfuhren sie eine neue Tiefe ihrer Liebe zueinander, indem sie diese Dinge zusammen durchlitten.

Mit Christus – nicht getrennt von ihm – zu leiden, wird dich in neue Tiefen seiner Liebe führen. Wenn die Hoffnung wieder neu auf Jesus ausgerichtet wird, dann bringt uns das Leiden in Einklang mit unserem Retter und befreit uns dazu, die Welt zu segnen.