Was du über den Buddhismus wissen solltest

Artikel von Joe Carter
26. Mai 2021 — 7 Min Lesedauer

Heute feiern Buddhisten auf der ganzen Welt den Geburtstag Buddhas. Es handelt sich dabei um das Vesakh-Fest (oder Wesak), das zum ersten Vollmond im Mai begangen wird. An diesem Feiertag erinnern sich Buddhisten weltweit an Ereignisse, die für Buddhisten aller Traditionen wichtig sind: die Geburt, die Erleuchtung und den Tod von Gautama Buddha.

Folgende neun Informationen über diese weltweit verbreitete, östlich orientierte Religion sollte man kennen:

  1. Ursprung: Der Buddhismus wird (wie auch der Hinduismus) oft als eine Religion betrachtet. Treffender ist allerdings der Begriff der Religionsfamilie bzw. der Familie mehrerer geistlicher Traditionen, denen eine Reihe von Glaubensinhalten und anderen Merkmalen gemeinsam ist. Diese Religion entstand vor etwa 2500 Jahren in Indien und zwar aufgrund der Lehren eines Mannes namens Siddharta Gautama. Er wurde später als „der Buddha“, d.h. „der Erwachte“ oder „der Erleuchtete“, bekannt. Der Buddhismus verbreitete sich in ganz Asien und wurde zur vorherrschenden Religion in Ländern wie Kambodscha, Japan, Laos, der Mongolei, Myanmar, Sri Lanka, Thailand und Tibet. Vor dem Aufkommen des Islam war er eine der meistpraktizierten Religionen in Zentralasien, Afghanistan, Malaysia und Indonesien.

  2. Buddha - der Begründer der Lehre: Siddharta Gautama wurde in eine reiche Familie im heutigen Nepal hineingeboren. Obwohl immer wieder behauptet wird, er sei ein Prinz gewesen, ist es wahrscheinlicher, dass er die Stellung eines Regionalfürsten innehatte, einem Stammeshäuptling vergleichbar. Mit Ende zwanzig wurde er mit der Realität menschlichen Leidens konfrontiert und er geriet in eine persönliche Krise. Er entschied sich zunächst für das Leben eines wandernden Asketen, musste sich dann aber eingestehen, dass ihm das nicht dabei half, seinem Ziel näherzukommen. Es wird überliefert, dass er Nirwana (vollkommene Erleuchtung) erlebte, als er unter einem Feigenbaum saß. Nach diesem Ereignis wurde er als Buddha bekannt und widmete sein Leben nun der Verbreitung seiner Lehren. In der Forschung geht man davon aus, dass Buddha irgendwann zwischen 410 und 370 v.Chr. starb.

  3. Die Lehre vom Leiden: Aus buddhistischer Sicht sind die „Vier edlen Wahrheiten“ die wichtigste Lehre Buddhas. Mit einigen Variationen berufen sich alle buddhistischen Gruppen auf sie. Diese vier Wahrheiten sind dukkha (die Tatsache des Leidens), das Entstehen von dukkha (die Ursachen des Leidens), das Aufhören von dukkha (das Ende des Leidens) und der Pfad, der dahin führt, dukkha zu beenden (der Pfad zur Freiheit vom Leiden). Nach Charley Linden Thorp lassen sich die „Vier edlen Wahrheiten“ am besten vermitteln, wenn man medizinische Begriffe zu Hilfe nimmt: Die erste Wahrheit ist die Diagnose einer Krankheit oder eines Zustands, die zweite Wahrheit die Identifizierung der ihr zugrunde liegenden Ursachen, die dritte Wahrheit ist die Prognose oder das Therapieergebnis und die vierte Wahrheit ist schließlich die Behandlung.

  4. Ein rechtschaffenes Leben als Ausweg aus dem Kreislauf von Wiedergeburt und Sterben: In der buddhistischen Lehre enthält die vierte Wahrheit (wie dukkha beendet wird) den sogenannten Achtfachen Pfad. Er führt aus Samsara heraus – dem Kreislauf von Wiedergeburten, irdischer Existenz und erneutem Sterben – zu Nirwana (der Befreiung aus den Wiedergeburten des Samsara und dem Aufhören von dukkha). Der Achtfache Pfad beinhaltet:

  • Rechte Erkenntnis: die richtige Einsicht bezüglich der Natur der Dinge, insbesondere der Vier edlen Wahrheiten;
  • Rechte Gesinnung: die Vermeidung von inneren Bindungen, Hass und bösen Absichten;
  • Rechte Rede: richtiges Sprechen, bei dem verbale Vergehen wie Lügen, entzweiendes Reden, hartes Reden und sinnloses Reden unterlassen werden;
  • Rechtes Handeln: das Unterlassen physischer Vergehen wie Töten, Stehlen und sexuelles Fehlverhalten;
  • Rechter Lebensunterhalt: das Vermeiden von Geschäften, die anderen direkt oder indirekt Schaden zufügen, wie z.B. der Verkauf von Sklaven, Waffen, Schlachttieren, Rauschmitteln oder Gift;
  • Rechtes Streben: sich von vorhandenen negativen inneren Regungen abwenden, mögliche künftige negative Regungen unterbinden und bereits vorhandene positive Regungen stärken;
  • Rechte Achtsamkeit: sich seines Körpers, seiner Gefühle und Gedanken sowie der Erscheinungen (der Bestandteile der existierenden Welt) bewusst sein;
  • Rechtes Sich-Versenken: „einspitziger Geist“, Bündelung der Aufmerksamkeit, um meditative Zustände zu erreichen.
„Die Existenz Gottes wird weder bejaht noch verneint.“
 

Diese acht Glieder des Pfades werden oft in drei Gruppen oder skandhas eingeteilt: Die ersten beiden beziehen sich auf die Einsicht, während die Glieder 3-5 die Moral bedienen und 6-8 den Fokus auf Meditation legen. Thorp erklärt, dass dieser Achtfache Pfad nicht linear gedacht ist, „fortschreitend von einer Stufe zur nächsten, sondern kumulativ, sodass idealerweise alle acht Teile gleichzeitig praktiziert werden“.

  1. Karma als Ursache des ewigen Kreislaufes: Im Buddhismus ist kein Glaube erforderlich, auch beinhaltet er keinen Gottesbegriff. Da es sich um einen nicht-theistischen Glauben handelt, wird es als irrelevant betrachtet, ob ein Gott existiert. Die Existenz Gottes wird weder bejaht noch verneint. Buddhisten kennen auch keinen Sündenbegriff, sondern sehen die Ursache menschlichen Leidens in der „Unwissenheit“. Eine zentrale Lehre des Buddhismus ist stattdessen Karma, ein moralisches Verursachungsprinzip. Jede Art von bewusster, willentlicher Handlung in Gedanken, Worten oder Taten wird als Karma betrachtet. Karma führt zu Samsara, weshalb die Notwendigkeit besteht, Nirwana zu erlangen.

  2. Die vier Strömungen des Buddhismus: Die vier Hauptrichtungen des Buddhismus sind Mahayana, Theravada, Vajrayana und Zen-Buddhismus. Mahayana ist ein Oberbegriff für eine Reihe von buddhistischen Schulen, die sich zwar in der Lehre unterscheiden, aber sich im moralischen Bereich allesamt auf Mitgefühl und Einsicht bzw. Weisheit konzentrieren. Im Theravada („Lehre der Älteren“) geht es darum, durch eigene Bemühungen die Selbst-Befreiung zu erreichen, beispielsweise durch Meditation. Im Vajrayana („Fahrzeug des Donnerkeils“) glaubt man, dass Nirwana und Samsara nicht verschieden sind. Es wird gelehrt, dass buchstäblich alles – einschließlich das Begehren – als Mittel zur Befreiung von Nutzen sein kann. Diese Befreiung kann in einer einzigen Lebensspanne erreicht werden. Der Zen-Buddhismus lehrt, dass in jedem das Potenzial steckt, erleuchtet zu werden und dass man dieses Ziel auf dem Weg der Meditation erreicht.

  3. Der Dalai Lama - ein geistliches Oberhaupt: Der bekannteste Religionsvertreter des Buddhismus ist der Dalai Lama, ein führendes spirituelles Oberhaupt der Gelug-Schule (Gelug = „Gelbmützen“) des tibetischen Buddhismus (eine Form des Mahayana- und Vajrayana-Buddhismus). Man glaubt, dass ein Dalai Lama die reinkarnierte Manifestation von Avalokiteshvara (Chenrezig) ist, dem Bodhisattva des Mitgefühls, welcher auch der Schutzpatron des Tibets ist. („Bodhisattwas sind spirituell hoch entwickelte Wesen, die von dem Wunsch inspiriert sind, das vollkommene Erwachen zu erlangen. Sie haben gelobt, immer wieder in der Welt wiedergeboren zu werden, um allen Lebewesen zu helfen.“[1]) Der aktuelle Dalai Lama, Tenzin Gyatso, wurde 1935 geboren und wird von vielen Buddhisten für die Reinkarnation des vorherigen 13. Dalai Lama, Thubten Gyatso, gehalten.

  4. Verbreitung: Nach Schätzungen von Pew Research lebt etwa die Hälfte aller Buddhisten in China, wo sie aber nur 18% der Bevölkerung ausmachen. Der Großteil der restlichen Buddhisten lebt in Ost- und Südasien. Dabei stellt Thailand immerhin 13% der weltweiten Buddhisten (dort gehören 93% der Bevölkerung dem Buddhismus an) und Japan 9% (dort sind 35% der Bevölkerung Buddhisten). Nur 1,4% aller Buddhisten leben in nicht-asiatischen Ländern. In den USA machen Buddhisten etwa 1% der erwachsenen Bevölkerung aus.[2] Etwa zwei Drittel dieser US-amerikanischen Buddhisten sind asiatischer Abstammung. Insgesamt machten 2015 Buddhisten etwa 7% der Weltbevölkerung aus. Da sowohl die Geburtenraten als auch die Übertrittszahlen gering sind, rechnet man damit, dass ihr Anteil bis 2060 auf 5% sinken wird.

  5. Zeugnisse sind wirksam, weil es sich dabei um Geschichten handelt, und Geschichtenerzählen ist die wahre Herzenssprache von Buddhisten.“
     

    Buddhisten das Evangelium sagen: Der geistliche Hintergrund des Buddhismus macht es sehr herausfordernd, Buddhisten das Evangelium zu verkündigen. Viele christliche Apologeten empfehlen, nach Gemeinsamkeiten zu suchen, so z.B. Alex Kocman: „Die Vier edlen Wahrheiten können für Christen vier nützliche Sprungbretter in ein Gespräch darstellen, in dem man dann die biblische Sicht von Leben, Tod und Errettung erklären kann.“ Justin Caudill betont zudem, wie wichtig Zeugnisgeben und echte Beziehungen sind: „Unsere Zeugnisse funktionieren auch dann, wenn bei Buddhisten andere Methoden versagen, und wir denken, dass es dafür verschiedene Gründe gibt“, sagt er. „Zeugnisse sind wirksam, weil es sich dabei um Geschichten handelt, und Geschichtenerzählen ist die wahre Herzenssprache von Buddhisten.“ Sam Chan fügt hinzu, dass Buddhisten sich nach zwei Dingen sehnen: nach Macht und Kontrolle in ihrem Leben und nach Frieden und Schalom. „Jesus ist der Einzige, der uns Macht geben kann, z.B. über böse Geister, und die Macht, geheilt zu werden“, betont Chan. „Und Jesus schenkt uns Frieden. Er nimmt das Leiden nicht weg, aber er zeigt uns, dass es Weisheit gibt, einen Plan und ein Ziel, eine Richtung, die dieses Universum nimmt. Und deswegen können wir einen Frieden genießen, unseren Schalom, den sonst niemand genießen kann.


[1] Der Dalai Lama, URL: http://de.dalailama.com/the-dalai-lama (Stand: 21.04.2021).

[2] In Deutschland bezeichneten sich 2020 in einer Umfrage 0,7% der Bevölkerung als Buddhisten; vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Zahlen und Fakten: Die soziale Situation in Deutschland – Religion, URL: https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/145148/religion (Stand: 21.04.2021) [Anm. d. Red.].