Wie lebe ich Ezer praktisch?!

Ein Interview mit Kim Lotz

Interview mit Kim Lotz
8. Mai 2021 — 6 Min Lesedauer

Ezer, hebräisch „Hilfe“, nennt sich der Frauenarbeitszweig von Evangelium21.

In 1. Mose 2,18 lesen wir: „Dann sprach Gott, der HERR: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe (hebr. „Ezer“) machen, die ihm entspricht“.

Die Frau als Hilfe bzw. Gehilfin ist ihrem Mann weder unterlegen noch ist sie minderwertig. Sie ergänzt ihn, passt zu ihm, ist für ihn unentbehrlich und befindet sich mit ihm auf Augenhöhe. Eva war für Adam die perfekte Ergänzung, die er brauchte, um das von Gott gegebene Schöpfungsmandat auszuführen. Auch Gott ist ein Helfer. Im Alten Testament bezeichnet Er sich selbst als Ezer und im Neuen Testament befähigt Jesus seine Braut, die Gemeinde, den Missionsauftrag zu erfüllen, indem er ihr seinen Geist als Helfer sendet.

In unserer Interview-Reihe „Wie lebe ich Ezer praktisch?!“ möchten wir einen Einblick in das Leben verschiedener Frauen gewähren und fragen, wie sie im Alltag als Helferin leben.


Heute stellen wir Kim Lotz vor. Sie ist 69 Jahre alt, gebürtige Amerikanerin, verheiratet mit Benno, Mutter eines erwachsenen Sohnes, wohnhaft in Nürnberg und Teil der Ezer-Arbeit bei E21. Sie leitet die Frauengruppe in ihrer örtlichen Kirchengemeinde und spricht auf Frauentagen und Konferenzen.

Ezer: In welcher Weise hat sich die Rolle der Frau in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewandelt?

Kim: Ich bin in den 50er und 60er Jahren aufgewachsen und durfte die „Women’s Liberation“-Bewegung aus erster Hand erleben. Als Nichtchrist fand ich sie gut. Bestimmt hat sie auch einige gute Dinge bewirkt. Im Rückblick erscheint mir jedoch, dass sie zu weit gegangen

„Die Idee, dass Männer und Frauen bis auf einige kleine körperliche Details identisch sind, hat den Wert der Frau als Frau vermindert.“
 

ist. Es war gut, die Gleichwertigkeit von Mann und Frau (die schon in 1. Mose 1–2 vorkommt) auch gesetzlich und sozial zu bestätigen. Aber die Idee, dass Männer und Frauen nicht nur gleichwertig und gleich fähig sind, sondern dass sie bis auf einige kleine körperliche Details identisch sind, hat den Wert der Frau als Frau vermindert. Ihre besonderen Begabungen als Lebensspenderin und Gehilfin werden eher negativ bewertet und vernachlässigt. So lehnen Frauen mehr und mehr ihre Rolle als Mutter und als Ehefrau, die sich ihrem Mann unterordnet, ab. Die Ehe wird zu einer Art Geschäftspartnerschaft und Elternsein zur Nebensache. Diese Einstellung ist heutzutage leider unter Christen genauso wie unter Nichtchristen zu finden.

Ezer: Du bist mit 24 Jahren Christ geworden. Wie hat sich dein Bild der biblischen Frau in den letzten 45 Jahren verändert?

Kim: Am Anfang, das gebe ich zu, hatte ich gar kein Bild der biblischen Frau. Ich habe mich nicht damit beschäftigt, wie ich als Frau mein Christsein ausleben soll oder, in anderen Worten, wie mein Christsein mein Leben als Frau formen soll. Ich hatte aber eine ältere Frau, die mir – ohne viele Worte zu machen – das biblische Frau–Sein vorgelebt hat. Hätte man mich gefragt, was das Bild der biblischen Frau ist, hätte ich wahrscheinlich geantwortet: „Es unterscheidet sich nicht vom Bild des biblischen Mannes“. Ich war in einer Gemeinde, wo es z.B. selbstverständlich war, dass Frauen nicht als Pastoren oder Älteste dienen. Und als ich mit 32 Jahren geheiratet habe, war für mich klar, dass die Bibel die Unterordnung der Frau in der Ehe lehrt. Es war bestimmt die Wirkung des Heiligen Geistes in mir, dass ich diese Tatsache als gut und richtig empfand, denn ich war bis dahin immer mein eigener „Chef“ gewesen.

Erst als ich 2006 eine Art persönliche Erweckung erlebte, fing ich an, mich dafür zu interessieren, was Gottes Wort spezifisch über und zu Frauen sagt. Ich habe den Schöpfungsbericht sehr genau untersucht. Dadurch wurden mir die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau in Gottes Ordnung klar. Der Gedanke, dass „Gehilfin“ bzw. „Hilfe“ eine positive Bedeutung hat, war für mich wie eine Erleuchtung und ich fand diese Bestimmung der Frau schön und gut. Deshalb habe ich die Meinung der Kultur um mich herum, die ein ganz anderes Verständnis vom Verhältnis zwischen Mann und Frau hat und sie eher als Konkurrenten statt als Partner sieht, in Frage gestellt und schließlich abgelehnt.

Ezer: Dein Herz brennt für das Konzept der „Titus-2-Frau“. Inwiefern spiegelt dieses Konzept die Idee von Ezer in der Gemeinde wider?

Kim: Das ist eine interessante Frage. Als Ezer bzw. Hilfe der Gemeindeleitung haben Frauen viele Aufgaben in der Gemeinde. Die Unterweisung der jüngeren Frauen durch ältere Frauen ist für die Gemeinde eine unentbehrliche Hilfe. „Titus-2-Frau“ bedeutet dabei einfach, Jüngerschaft zu leben: gesunde Lehre weiterzugeben, zu

„Wenn eine solche Art der Jüngerschaft von der Gemeindeleitung nicht gefördert wird, dann tut sie der Gemeinde keinen Gefallen.“
 

helfen, diese Lehre praktisch auf das Leben einer Frau anzuwenden und jüngere Frauen vor allem durch das Vorbild in der Hingabe an Jesus und im Gehorsam gegenüber seinem Wort anzuleiten. Auch Männer können Frauen natürlich lehren, ob von der Kanzel oder in anderen Situationen in der Gemeinde. Aber um praktische „Tipps“ zum Leben als Frau geben zu können oder um als Vorbild der biblischen Frau zu dienen sind Männer logischerweise ungeeignet. Titus 2 zeigt ganz klar, wie die Idee von Ezer in der Gemeinde gelebt wird. Wenn Frauen diese Verantwortung nicht wahrnehmen oder ablehnen, dann leidet die Gemeinde und kann ihre Aufgabe als Ort des geistlichen Wachstums nicht vollumfänglich erfüllen. Wenn eine solche Art der Jüngerschaft von der Gemeindeleitung nicht gefördert wird, dann tut sie der Gemeinde keinen Gefallen. In beiden Fällen wird die klare Aufforderung von Gottes Wort vernachlässigt.

Ezer: Ist der Gedanke hinter Ezer eher eine Aufgabe für jüngere oder ältere Frauen?

Kim: Ich würde den Ansatz von Ezer nicht als „Aufgabe“ verstehen, sondern als Teil des Frau-Seins, wie Gott es sich gedacht hat und wie er die Frau geschaffen hat. Frauen sind Ezer, sie tun es nicht. Unsere Kultur sagt, diese Eigenschaft einer Gehilfin ist nur von außen

„Frauen sind Ezer, sie tun es nicht.“
 

aufgeprägt. Aber das Gegenteil ist der Fall: Die Ablehnung unserer Bestimmung als Ezer kommt von außen. Sowohl jüngere als auch ältere Frauen wurden als Ezer geschaffen und sollen diese Natur von Kind auf ausleben. Nur wenn wir als Frauen Gottes Design für uns akzeptieren und mit Freude diese Eigenschaft als Gehilfin ausleben, können wir Gott verherrlichen, wie er es sich gedacht hat. Die Verantwortung, dies an unsere Töchter, ob leibliche oder geistliche, weiterzugeben, dürfen wir älteren Frauen nicht ablehnen.

Ezer: Vielen Dank für das Interview. Gott segne dich!