Christsein ist nicht langweilig – frag die Engel
Seit mehr als einem Jahrzehnt bin ich von Engeln fasziniert – jenen geheimnisvollen, unsichtbaren geistlichen Boten. Verglichen mit uns Menschen, sagt Petrus, sind die Engel an Stärke und Macht größer (2Petr 2,11), weshalb wir in Psalm 8 als „niedriger als die Engel“ beschrieben werden. Ich habe mich schon immer gefragt: Was machen Engel? Wie sind sie? Worüber würden wir sie reden hören, wenn wir ihre Gespräche mitanhören könnten?
Für mich begann diese Faszination, als ich zum ersten Mal C.S. Lewisʼ Roman Out of the Silent Planet (Jenseits des schweigenden Sterns) las. Die plötzliche Erkenntnis, die ich beim Lesen hatte, ist mit einem Satz in 1. Petrus 1,12 verbunden, den Lewis einem seiner fiktiven „Eldila“ (Engel) in den Mund legt. Der Apostel Petrus beschreibt unsere Erlösung als von alttestamentlichen Propheten vorhergesagt, die von „den für Christus bestimmten Leiden und [den] darauffolgenden Herrlichkeiten“ sprachen (1Petr 1,10–11). Die Propheten sehnten sich danach, dieses Evangelium vollständiger zu begreifen.
Aber sie waren nicht die einzigen. Laut Petrus enthält das Evangelium von unserer Erlösung „Dinge, in welche auch die Engel hineinzuschauen begehren“. Die Gründe dafür sollten wir uns wirklich ansehen.
Wovon Engel gefesselt sind
Die Worte von Petrus klingen etwas ironisch, wenn man unser menschliches Interesse an Engeln bedenkt. Wie viele von uns sehnen sich danach, zu sehen, wie sie leben? Aber wenn wir ihre Gespräche belauschen und sehen könnten, wofür sie sich am meisten interessieren, wenn wir in die „Himmelstiefen“ von Lewisʼ Geschichte reisen und uns mit einem der dort Wache haltenden Engel unterhalten könnten, dann würde er uns sagen, dass sich in ihrer Welt alles darum dreht, was Jesus für uns tut.
Das ist es, was die Engel sehen wollen und was sie fesselt. Unsere Erlösung ist wie ein Buch, das sie nicht aus der Hand legen können, weil sie nicht abwarten können, wie es weitergeht.
Die Engel sind das Publikum bei Gottes großer Geschichte. Seit der Schöpfung schauen sie zu und staunen. In Hiob 38 lesen wir, wie Gott am Anfang den Grund der Erde legte, „als die Morgensterne miteinander jauchzten und alle Söhne Gottes jubelten“ (Hiob 38,4–7). Sie waren wie Fans auf der Tribüne, die jubelten, als Gott seine Weisheit zeigte, oder wie Zuschauer, die den ersten Akt eines epischen Films sehen und flüstern: „Das wird gut!“
Aber die Geschichte war noch nicht zu Ende; das Beste sollte noch kommen. Petrus erinnert uns daran, dass die Engel nicht alle Details kennen. Deshalb sitzen sie aufgeregt auf der Stuhlkante, weil sie nicht alle wesentlichen Informationen kennen! Als der Sündenfall von Adam und Eva im Garten Eden passierte und Gott versprach, die beiden zu retten, müssen sich die Engel gefragt haben: „Wie wird er das nur schaffen?“
„Wir stehen im Zentrum eines Dramas, das sogar die Engel fesselt.“
Dies veranschaulicht der Gnadenstuhl – der goldene Deckel, der oben auf der Bundeslade lag und Gottes Gesetz bedeckte, an den das Opferblut gesprengt wurde. Auf diesem Gnadenstuhl thronten zwei aus Gold getriebene Cherubim, die, wie Spurgeon es ausdrückt, „aufmerksam auf das Wunder der Versöhnung durch das Blut blickend“ (2Mose 25,20) herabschauten. So beschreibt es 1. Petrus 1,12: Engel, die staunend herabblicken, wie Christus das Gesetz, das wir gebrochen haben, mit seinem eigenen Gehorsam und Blut bedeckt hat.
Wir denken vielleicht, unser Leben als Christen sei provinziell und langweilig. Aber da irren wir. Wir stehen im Zentrum eines sich entfaltenden epischen Dramas, das sogar die Engel fesselt. In Epheser 3,10 sagt Paulus, dass Gott durch uns, die Gemeinde, seine Weisheit den „Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Regionen“ kundtut, womit die Engel gemeint sind. Wenn sie beobachten, was Gott durch uns tut, lernen sie mehr und mehr, wie weise er ist, stehen auf und jubeln, fallen nieder und beten ihn an.
Was Engel nicht singen können
In der Sonntagsschule sangen wir Kinder ein Lied über den Himmel, das „Zehntausend Jahre“ hieß. Darin lautete eine Zeile:
Wir werden anfangen, das wunderschöne Liebeslied zu singen,
das die Engel nicht singen können:
Ich bin erlöst durch das Blut meines Erlösers,
und zehntausend Jahre oder mehr werde ich seinen Namen preisen.
„Engel mögen mächtiger sein, aber Heilige sind privilegierter. Jesus hat etwas für uns getan, das er für sie nie getan hat.“
Engel mögen mächtiger sein, aber Heilige sind privilegierter. Denn wir haben etwas, das sie nicht haben. Jesus hat etwas für uns getan, das er für sie nie getan hat. Wenn wir mit einem Engel sprechen und ihn fragen könnten: „Was macht dich so neugierig? Warum bist du so interessiert an meinem kleinen Leben?“, dann würde er antworten: „Ich habe einen Schöpfer, aber du hast einen Erlöser.“
So sehr liebt Gott uns. Als der Teufel ein Drittel der Engel hinter sich herzog, sagte Gott: „Lass sie gehen.“ Aber als der Teufel Gottes Menschenkinder hinter sich herzog, sagte Gott: „Ich will sie wieder haben. Und ich schwöre bei meinem heiligen Namen, dass ich sie zurückhole, was immer es mich kostet.“
Im Gegensatz zu allen Propheten und Engeln in den vergangenen Jahrtausenden wissen wir jetzt genau, was es Gott gekostet hat. In Hebräer 2,9–16 heißt es :
„Wir sehen Jesus, der ein wenig niedriger gewesen ist als die Engel […] Er sollte ja durch Gottes Gnade für alle den Tod schmecken. […] Da nun die Kinder an Fleisch und Blut Anteil haben, ist er gleichermaßen dessen teilhaftig geworden, damit er durch den Tod den außer Wirksamkeit setzte, der die Macht des Todes hatte, nämlich den Teufel, und alle diejenigen befreite, die durch Todesfurcht ihr ganzes Leben hindurch in Knechtschaft gehalten wurden. Denn er nimmt sich ja nicht der Engel an, sondern des Samens Abrahams nimmt er sich an.“
Michael und seine Engel brauchten keinen Erlöser, und der Teufel und seine Engel bekamen keinen. Darüber sollten wir einmal nachdenken. In Matthäus 25,41 sagt Jesus, dass es ein ewiges Feuer gibt, das für den Teufel und seine Engel vorbereitet ist. Und das war's. Keine zweite Chance, keine Sühneleistung, keine Erlösung. Der Teufel und seine Engel sind eine ständige Erinnerung daran, dass Gott niemandem die Erlösung schuldet. Sie geschieht nur aus Gnade. Gott rührte keinen Finger, um einen der gefallenen Engel zu retten, und er blieb vollkommen gerecht.
Aber wenn es um die gefallenen Söhne Adams geht, ist seine Gnade grenzenlos. Wenn wir mit dem Teufel und seinen Engeln im ewigen Feuer enden, werden wir uns nicht wie der Teufel herausreden können. Denn vor 2.000 Jahren gab es einen Mann am Kreuz, der unsere Natur annahm und sein Blut für uns Sünder vergoss. Wenn wir also die Botschaft hören: „Wohlan, ihr Durstigen alle, kommt her zum Wasser“, dann erhalten wir damit ein einmaliges menschliches Privileg (Jes 55,1). Diese Einladung hat kein Engel jemals erhalten. Es wäre eine Schande, sie abzulehnen.
Was Engel gerne anschauen
Es ist nichts falsch daran, neugierig auf Engel zu sein. Aber es wäre verkehrt, uns allzu sehr mit ihnen zu beschäftigen. Wenn wir in den Himmel schauen und sehen könnten, was sie tun, würden wir feststellen, dass ihre Augen auf den gerichtet sind, der auf dem Thron sitzt, und dass sie dem Lamm Loblieder singen (Offb 4–5). Und wir würden sie sagen hören: „Wir sind eure Mitknechte. Betet Gott an“ (Offb 19,10; 22,9).
Lasst uns also über die Engel staunen, aber ihren Gott anbeten. Und für jeden Blick, den wir auf sie werfen, lasst uns zehn Blicke auf denjenigen werfen, den sie bewundern: Jesus Christus – derjenige, der niedriger gemacht wurde als die Engel, damit er uns über sie erhebt.