Warum sollten wir Joel, Amos und Obadja studieren?

Artikel von Kristofer Holroyd
8. April 2021 — 4 Min Lesedauer

Kurze, poetische Prophezeiungen

Es fällt uns nicht leicht, die prophetischen Bücher des Alten Testaments zu lesen. Die darin enthaltenen Bilder empfinden wir als drastisch und verwirrend. Auch die geographischen und kulturellen Hintergründe sind uns nicht vertraut. Sogar die Sprache und die poetische Form können uns ungeordnet, verworren und unzugänglich vorkommen. Die Tatsache, dass wir in einigen Fällen fast nichts über den Verfasser und über die Zeit, in der der Verfasser schrieb oder predigte, wissen, macht es uns nicht leichter. Warum sollten wir Zeit und Kraft aufwenden und um das Verständnis dieser Bücher ringen, wenn wir stattdessen einfach das Neue Testament lesen könnten? Und warum sollten wir uns ausgerechnet mit den kurzen und hauptsächlich poetischen Prophezeiungen von Joel, Amos und Obadja Mühe machen? Ich möchte im Folgenden zwei Hauptgründe nennen, warum wir die Bücher von Joel, Amos und Obadja studieren sollten: 1. Weil sie uns etwas über den Tag des Herrn sagen und 2. weil sie uns etwas über Jesus lehren.

Der Tag des Herrn

Einfach ausgedrückt ist der Tag des Herrn jener zukünftige Tag, an dem Gott alles wieder in Ordnung bringt. Es ist der Tag, an dem Gott kommt, um seine Feinde zu richten und sein Volk zu befreien. In diesen drei Büchern – Joel, Amos und Obadja – lernen wir drei unterschiedliche Aspekte über den Tag des Herrn kennen: Erstens, Gott wird sein eigenes Volk richten, zweitens, Gott wird seine Feinde richten, und drittens, Gott wird die Welt wieder in Ordnung bringen.

„Gott wird die züchtigen, die seinen Namen tragen, aber nicht seine Gebote befolgen.“
 

Erstens: Der Tag des Herrn beinhaltet das Gericht an Gottes eigenem Volk. Die Geschichte Israels kann in wiederkehrende Zyklen zusammengefasst werden, die wie folgt ablaufen: Gott rettet sein Volk, aber Gottes Volk wendet sich durch Sünde und Rebellion von ihm ab; Gott züchtigt sie und dann bietet Gott ihnen Gnade und Vergebung an, wenn sie Buße tun. Diese drei kurzen Bücher verkünden eine Botschaft, die heute vor allem die Gemeinde in der westlichen Welt hören muss: Gott wird die züchtigen, die seinen Namen tragen, aber nicht seine Gebote befolgen. Wenn Gottes Volk Macht dazu missbraucht, Schwache auszunutzen, wenn die Wohlhabenden die Armen übervorteilen und wenn Gottesdienst kaum mehr als ein leeres Ritual ist, dann heißt es: Wehe, der Tag des Herrn kommt! Das Gericht beginnt beim Haus Gottes (1 Petr 4,17).

Und wenn Gott im Gericht sein eigenes Volk züchtigt, wie viel mehr wird er die richten, die sich weigern, die souveräne Herrschaft des allmächtigen Herrn anzuerkennen? Zweitens spricht der Tag des Herrn von jenem zukünftigen Tag, an dem Gott alle seine Feinde und auch die Feinde seines Volkes besiegen wird. Der Tag des Herrn ist ein Tag, an dem endgültig Recht geschafft wird, an dem die Gewalttätigen, die Korrupten und die Niederträchtigen durch den Herrn der Heerscharen geschlagen werden und alle Völker anerkennen, dass Gott allein die Welt regiert.

Dieser Tag wird endgültigen und bleibenden Frieden bringen. Es wird keinen Krieg mehr geben, keinen Hunger, keinen Schmerz, kein Leid und keinen Tod. Die Menschen müssen keine Angst mehr vor dem Einmarsch von Armeen oder Terroranschlägen haben. Wir werden keine Amokläufe in Schulen und keine Autounfälle mehr fürchten. Krebs und Demenz wird es nicht mehr geben. Die Welt selbst wird geheilt, wiederhergestellt und in Ordnung gebracht sein. Gottes Volk wird in Sicherheit und bleibendem Frieden wohnen.

Jesus

Des Weiteren lehren uns diese prophetischen Bücher etwas über Jesus. In Joel z.B. sehen wir, dass Gott wünscht, dass wir ihn erkennen (Joel 4,17). Sein Plan ist, noch einmal durch den Heiligen Geist unter seinem Volk zu wohnen (Joel 3,1–2). Im Buch Amos ruft uns der Prophet zum rechten Gottesdienst auf: nicht mit Manipulationen oder symbolischen Opfern, durch die wir nur unseren Lebensstandard verbessern wollen, sondern indem wir durch unser Leben Gott unsere Dankbarkeit für seine Rettung, Barmherzigkeit und Gnade zeigen (Am 5,14–15). In Obadja erhaschen wir einen Blick auf den kommenden Retter, der seine Feinde niederwerfen und die Erde heilen und wiederherstellen wird und wir sehen den kommenden König, der die Welt regieren wird (Obd 19–21).

„Die Befreiung des Volkes Gottes kam letztlich durch das Leiden, die Kreuzigung und den Tod Jesu Christi.“
 

Aber das Beeindruckendste ist vielleicht, dass Gottes Volk nicht durch Kriegswagen und Heere gerettet wird, sondern durch Schwachheit. In Amos sehen wir, dass die große Rettung, nach der sich Gottes Volk gesehnt hat, aus einer instabilen, verfallenen Hütte kommt. Wie konnte aus einem wackligen Unterstand oder Zelt Hoffnung auf Befreiung von Weltmächten wie Assyrien oder Babylonien kommen? Hier begegnet uns die Torheit des Kreuzes: Die Befreiung des Volkes Gottes kam letztlich durch das Leiden, die Kreuzigung und den Tod Jesu Christi.

Joel, Amos und Obadja

Warum sollten wir diese kurzen alttestamentlichen prophetischen Bücher studieren? Weil der Herr uns durch sein Wort Hoffnung vermittelt: Hoffnung auf den letzten Tag des Herrn, wenn Jesus Christus zurückkommt, um die Welt wieder in Ordnung zu bringen und sein Volk aus allen Sprachen, Stämmen und Nationen zu sich zu versammeln. Sie werden in dieser wiederhergestellten Welt wohnen und sie regieren. Er gibt uns darin Hoffnung auf das Ende von Ungerechtigkeit, Terrorismus und Unterdrückung in all ihren Spielarten. Hoffnung, die nur durch einen Retter kommt, der gekreuzigt und begraben wurde, aber aus den Toten wieder auferstand, um die Welt zu regieren.