Lobpreis ohne Bibel ist Quatsch

Artikel von Stefan Schweyer
7. April 2021 — 16 Min Lesedauer

Meine These:

Lobpreis, der aus der Quelle der Bibel schöpft, ist kraftvoll, vielfältig, wahr, belebend. Lobpreis ohne Bibel dagegen ist dürr wie eine Pflanze ohne Wasser, schlapp wie ein Läufer ohne Nahrung, irreführend wie Nachrichten ohne Fakten.

Mein Wunsch:

Ich wünsche mir, dass in unseren Gemeinden das Potenzial der Bibel für den Lobpreis stärker erkannt wird und sich dadurch unsere Lobpreiskultur positiv verändert.

1. Lobpreis ist die ausdrückliche Verehrung Gottes

Wir verstehen landläufig unter Lobpreis oft eine bestimmte Art des gottesdienstlichen Singens, das sich dadurch auszeichnet, dass Lieder eines bestimmten Typs – nämlich neuere „Lobpreis-Lieder“ – auf eine bestimmte Art – nämlich mehrere hintereinander und mit Begleitung einer Band – gesungen werden. Es gibt dann eine „Lobpreis/Worship-Zeit“ mit einer „Lobpreis/Worship-Band“, einem „Lobpreis/Worship-Leiter“ und Personen, die „Lobpreis/Worship machen“. Darüber müssen wir zunächst etwas nachdenken.

In einem weiten Sinn ist das gesamte Christenleben ein Lobpreis. Alles, was wir sind, sagen und tun, soll Gott ehren (z.B. 1Kor 10,31; Kol 3,17.23; 1Petr 4,11). In einem engeren Sinn meint Lobpreis diesen Teil des Gesprächs mit Gott, in dem wir Gott ausdrücklich mit unseren Worten verehren (z.B. Lk 2,14; 1Tim 1,17; Jud 25). Der Fachausdruck dafür ist „Doxologie“ – abgeleitet von „doxa“ (Ehre) und „logos“ (Wort). Dieses Gespräch mit Gott kann individuell erfolgen oder gemeinschaftlich im Gottesdienst. Die Worte können gesungen oder gesprochen werden. In diesem Artikel konzentriere ich mich auf Lobpreis im engeren Sinn, also auf Doxologie, und habe dabei vor allem den Lobpreis im Gottesdienst vor Augen, ohne ihn aber auf eine bestimmt Singform begrenzen zu wollen. Nicht jeder Lobpreis ist gesungen – es gibt auch gesprochenen Lobpreis – und nicht alles Singen ist Lobpreis – es gibt auch gesungene Klage, Bitte, Verkündigung, Aufforderung zum Glauben etc.

2. Lobpreis ist die Antwort auf das Wort Gottes

Lobpreis ist Teil des Gesprächs mit Gott. Wie jedes Gespräch hat auch das Gespräch mit Gott Gesprächsteilnehmer, die sowohl hören als auch reden. Der eine Gesprächsteilnehmer ist Gott, der andere – im Gottesdienst – die Gemeinde. Gott spricht mit der versammelten Gemeinde und die versammelte Gemeinde spricht mit Gott. Der Gottesdienst hat damit eine dialogische, kommunikative Struktur. Es ist das Entscheidende im Gottesdienst, dass wir dort nicht nur über Gott reden – sonst wäre das eher eine Schulstunde –, sondern dass wir mit Gott reden. Martin Luther hat das in der Einweihungspredigt der Schlosskirche von Torgau prägnant formuliert: Es soll nichts anderes geschehen, „als dass unser lieber Herr selbst mit uns rede durch sein heiliges Wort und wir umgekehrt mit ihm reden durch unser Gebet und Lobgesang“.[1]

Gottesdienst ist durch dieses wechselseitige Reden geprägt. Gott spricht mit uns – wir sprechen mit ihm. In diesem Gespräch gibt es ein Gefälle. Das Wort kommt vor der Antwort. Gott hat das erste Wort. Er eröffnet das Gespräch mit uns Menschen. Gebet und Lobpreis sind Antwort auf das bereits an uns ergangene Wort Gottes. Und das ist gut so! Das ist gute Botschaft – Evangelium – dass nicht wir die eisige Stille zwischen Mensch und Gott durchbrechen müssen, sondern dass Gott es tut. Gott ist es, der die versteckten Adam und Eva mit der Frage „Wo bist Du?“ aus dem Versteck lockt und trotz ihrer Sünde wieder ein Gespräch ermöglicht (1Mose 3,9). Gott ist es, der mit seinem Ruf Samuel, der Gott noch nicht kennt, aus dem Schlaf weckt, mit ihm in Beziehung tritt und ihn zum Propheten ernennt (1Sam 3,7–10). Es ist gute Botschaft, dass Gott nicht schweigt, sondern spricht, und damit uns zum Gespräch mit ihm einlädt.

Diese Zuordnung von Wort und Antwort ist auch in den großen Zügen der Bibel gut erkennbar. Sie beginnt nicht mit Lobpreis, sondern mit Gottes Schöpferwort (1Mose 1). Und sie blickt voraus auf die Vollendung, wenn alle Knie sich vor Gott beugen, Jesus als Herrn bekennen und so Gott geehrt wird (Phil 2,10–11). Das Psalmenbuch widerspiegelt diese Grundstruktur. Das große Halleluja (Ps 150) ist die Antwort der Menschen, die Lust haben an der Weisung des Herrn und Tag und Nacht darüber nachsinnen (Ps 1). Das Wort Gottes geht dem Antwort-Halleluja voraus.

„Wir müssen uns nicht mit Lobpreis zu Gott emporarbeiten. Gerade umgekehrt: Lobpreis ist überhaupt erst möglich, weil Gott sich zu uns heruntergelassen hat.“
 

Das heißt nun: Lobpreis ist nicht die Initiierung des Gesprächs mit Gott, sondern die Fortführung dieses Gesprächs. Der Dialog mit Gott beginnt nicht mit dem Lobpreis, sondern mit der Selbstoffenbarung Gottes in seinem Wort. Lobpreis ist Antwort auf das an uns ergangene Wort Gottes. Das entlastet den Lobpreis. Wir müssen uns nicht mit Lobpreis zu Gott emporarbeiten. Gerade umgekehrt: Lobpreis ist überhaupt erst möglich, weil Gott sich zu uns heruntergelassen hat.

3. Die Bibel ist die einzig zuverlässige Erkenntnisquelle der Selbstoffenbarung Gottes

Wenn Lobpreis die angemessene Reaktion auf die Selbstoffenbarung Gottes ist, dann ist die Frage sehr bedeutsam, wie Gott sich offenbart und wie wir Zugang zu dieser Offenbarung haben. Gott hat viele Wege, wie er sich offenbart. Er spricht zu Menschen in Visionen und Träumen, offenbart Propheten seinen Willen und lässt uns Erfahrungen mit ihm machen. Das alles aber wird überstrahlt durch Jesus Christus, in dem Gott selbst Mensch wird (Hebr 1,1–2; Kol 1,15). Jesus Christus ist der unüberbietbare Höhepunkt der Selbstoffenbarung Gottes.

All das wissen wir aber nur durch die Heilige Schrift. Sie ist das von Gottes Geist inspirierte und autorisierte schriftliche Zeugnis der Selbstoffenbarung Gottes. Und es ist der gleiche Geist Gottes, der die Hörer der Schrift erleuchtet und sie zum Verstehen und Gehorsam befähigt. Die Bibel ist Gottes Wort, weil wir in ihr nicht nur die Stimme des menschlichen Autors hören, sondern die Stimme des sich selbst offenbarenden Gottes. Ohne Bibel können wir über den dreieinen Gott – über den Vater, über Jesus Christus und über den Heiligen Geist – nichts mit Gewissheit wissen und sagen.

Der Kreislauf sieht also so aus: Gott schweigt nicht, sondern offenbart sich. Die Selbstoffenbarung Gottes können wir zuverlässig nur in der Heiligen Schrift erkennen. Aus dieser geistgewirkten Erkenntnis heraus entsteht der Lobpreis. Im Lobpreis verehren wir dann natürlich nicht die Heilige Schrift, sondern Gott selbst, der sich in der Heiligen Schrift offenbart. Weil die Heilige Schrift uns sagt, wie Gott ist, können wir im

„Die Bibel ist das kritische Korrektiv, damit ich Gott nicht so verehre, wie ich ihn mir wünsche, sondern so, wie er ist.“
 

Lobpreis Gott zusagen, wie er ist. Nur aus der Schrift kann die Gewissheit kommen, dass im Lobpreis der wahre Gott verehrt wird und nicht eine selbstgemachte Gottesvorstellung. Ich formuliere scharf: Lobpreis, der einen anderen Gott anbetet als denjenigen, der sich selbst in der Heiligen Schrift offenbart hat, ist Götzendienst. Das heißt für mich: Die Bibel ist das kritische Korrektiv, damit ich Gott nicht so verehre, wie ich ihn mir wünsche, sondern so, wie er ist. Die Bibel hilft mir, meine eigenen Gottesbilder zu entlarven. Ja, es kann sein, dass Jesus Christus und sein Kreuz als wahre Selbstoffenbarung Gottes meine Gottesbilder durchkreuzen. Die Bibel zeigt mir, wer dieser Gott ist, den ich verehre. Sie wird damit zur Quelle des wahren Lobpreises.

Zwischenhalt

Nach den ersten drei Etappen fasse ich zusammen: Lobpreis ist die ausdrückliche Verehrung Gottes. Im Lobpreis werden dabei Aussagen über Gott gemacht. Wahre Aussagen über Gott sind möglich, weil Gott sich selbst offenbart und uns in der Heiligen Schrift unter der Leitung des Heiligen Geistes die Erkenntnis dieser Selbstoffenbarung schenkt. Lobpreis – wenn er wahr sein will – ist damit auf die Quelle der Bibel angewiesen.

In den nächsten drei Etappen möchte ich zeigen, wie reich der Lobpreis wird, wenn er aus der Quelle der Bibel schöpft. Die Bibel zielt ja geradezu darauf, dass Gott verehrt wird. Sie zeigt nicht auf sich selbst, sondern auf Gott.

4. Ausrichtung auf Gott

Lobpreis, der aus der Quelle der Bibel schöpft, betet Gott so an, wie er sich offenbart hat. Diese Quelle gibt dem Lobpreis einen soliden Grund und kanalisiert meine Erfahrungen und Empfindungen.

Man könnte ja auch sagen: Lobpreis muss aus dem Herzen kommen. Ja, das wäre schön. Ich wünsche mir nichts anderes, als dass ich mit meiner ganzen Existenz und von ganzem Herzen Gott loben kann. Mein Herz ist aber ein „trotzig und verzagtes Ding“ (Jer 17,9). Mein Herz ist zwiespältig. Aus meinem Herzen kommen nicht nur gute und wahre Gedanken, sondern „böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis und Lästerung“ (Mt 15,19). Es wäre fatal, wenn mein zwiespältiges Herz die Grundlage meines Lobpreises sein sollte. Vielmehr mache ich die umgekehrte Erfahrung. Das Wort Gottes führt mich manchmal auch gegen mein Herz zum Lobpreis. Lobpreis, der aus der Bibel stammt, verändert und prägt mein Herz. Dann kann ich auch von Herzen Gott loben und verehren. Nämlich aus einem von Gott durch seinen Geist erneuerten Herz.

„Lobpreis, der aus der Bibel stammt, verändert und prägt mein Herz.“
 

Das tut mir gut: Es bedeutet, dass die Qualität des Lobpreises nicht von meinem unmittelbaren subjektiven Empfinden und von meiner Tagesform abhängt. Im Lobpreis geht es nicht darum, ob ich bei einer Versuchung siegreich war oder nachgegeben habe, ob ich erfolgreich war oder nicht, ob ich mich Gott nahe fühle oder eher distanziert. Denn im Lobpreis geht es ja gar nicht um mich, sondern um Gott. Lobpreis, der aus der Bibel schöpft, hilft mir, mich von mir selbst weg und auf Gott hin auszurichten. Natürlich gibt es auch Gebetsformen, in denen ich mich selbst vor Gott reflektiere: mein Leben, meine Nöte, meine Freuden und Sorgen. Und sicher haben solche Gebetsformen auch ihren Platz im Gottesdienst. Aber der Schwerpunkt des Lobpreises liegt nicht darin, dass wir Gott sagen, wer wir sind und was wir tun, sondern wer er ist und was er tut.

Damit ist auch das Potenzial der Bibel für den Lobpreis deutlich: Wenn Sie den Wunsch haben, dass sich die Gemeinde auf Gott ausrichtet, empfehle ich Ihnen, die Gemeinde zur Quelle der Bibel zu führen. Denn wenn wir Gottes Selbstoffenbarung in der Bibel hören und empfangen, richtet uns das wirksamer auf Gott aus als jeder noch so gut gemeinte Appell, sich nun doch endlich auf Gott auszurichten. Motivation zum Lobpreis kommt nicht in erster Linie durch die Aufforderung zum Lobpreis, sondern durch den Empfang der Selbstoffenbarung Gottes in seinem Wort.

5. Zusammenstimmende Vielfalt

Es gehört zur ganz menschlichen Seite des Gemeindelebens, dass man Trends aufnimmt und folgt – je nach Gemeinde mit mehr oder weniger zeitlicher Verzögerung. Das kann ich gut nachvollziehen. Allerdings hat die Aufnahme von Trends häufig die Folge, dass eine bestimmte Art von Praxis dominierend wird. Das führt zur Monotonie. Alles tönt ungefähr ähnlich. Die gleiche Art von Instrumentalisierung, Begleitung, Liedtexten, Melodiesetzung. Von einem breiten Liedgut und der Vielfalt künstlerischer Kreativität wird oft nur ein kleiner Ausschnitt realisiert. Die Monotonie zeigt sich manchmal auch daran, dass der Lobpreis immer der gleiche ist, egal ob an Weihnachten, Pfingsten, Ostern oder Himmelfahrt.

Hier sehe ich die Chance der Bibel im Zusammenspiel von Vielfalt und Einheit. Die Bibel gibt dem Lobpreis eine sinnstiftende Mitte, indem sie uns auf den einen Gott ausrichtet. Die Bibel gibt dem Lobpreis aber auch Vielfalt. Denn sie bringt uns in Berührung mit den vielen unterschiedlichen Heilstaten Gottes, durch die er die Schöpfung kreativ hervorbringt und am Leben hält. Vor allem aber bezeugt sie, wie er durch das Leben, Sterben und Auferstehen seines Sohnes die Welt rettet und durch die Ausgießung seines Heiligen Geistes vollendet. Die Bibel ist so Quelle der Kreativität und Kunst. Sie enthält eine Vielfalt an Textformen und Situationen. Lobpreis in der Bibel ist nie ein langweiliges Einerlei, sondern Reflexion des einen wahren Gottes in der konkreten Vielfalt und Vielgestalt der menschlichen Kommunikationsmöglichkeiten.

Zur Förderung von Kreativität und Kunst braucht es daher meines Erachtens nicht weniger, sondern mehr Bibel! Die Bibel ist eine stärkere, kraftvollere, vielfältigere Quelle der Kreativität als mancher Trend. Lobpreis, der aus der Bibel schöpft, verschließt sich diesen Trends nicht, wird sich davon aber auch nicht vereinnahmen lassen.

6. Gottesdienstliche Integration

Der gesamte Gottesdienst ist von der dialogisch-kommunikativen Struktur geprägt, in der Gott zu uns spricht und wir mit ihm sprechen. Das heißt aber: Kein Teil im Gottesdienst steht für sich alleine da, weder die Predigt, noch das Abendmahl, noch der Segen und sicher auch nicht eine sogenannte Lobpreiszeit.

Meine Beobachtungen sind aber gerade so, dass diese einzelnen Elemente des Gottesdienstes oft isoliert gestaltet werden. Zugespitzt: Die Lobpreiszeit wird zu einer Art Gottesdienst im Gottesdienst. Dieser Mini-Gottesdienst folgt einer eigenen Logik, hat einen eigenen Start – „Guten Tag auch von unserer Seite“ – und ein eigenes Ende – „Amen“ – und wird durch ein eigenes Team gestaltet. Die Predigt ist davon losgekoppelt und genauso isoliert, als wäre die Predigt nicht Teil des ganzen Gottesdienstes. Auch sie beginnt mit „Guten Tag auch von meiner Seite“ und endet mit „Amen“. Die Akteure, also die Musiker und Verkündiger, konzentrieren sich dabei vor allem auf ihren Einsatz.

„Die Bibel fördert die gottesdienstliche Integration. Denn sie bildet die Textgrundlage für alles, was im Gottesdienst geschieht.“
 

Hier sehe ich das Potenzial der Bibel darin, dass sie die gottesdienstliche Integration fördert. Denn sie bildet die Textgrundlage für alles, was im Gottesdienst geschieht. Wir beten mit Texten der Bibel, wir verwenden biblische Segenstexte, wir hören auf Bibelworte, die Bibel ist Grundlage des Lobpreises und der Predigt. Dabei wird auch deutlich, dass das Singen mehr ist als Lobpreis. Mit Liedern wird nicht nur gelobt, sondern auch gepredigt, zum Glauben gerufen, der Glaube bekannt. Mit Liedern ermahnen und lehren wir einander (Kol 3,16). Diese prophetisch-verkündigende Dimension findet kaum Beachtung, wenn das Singen auf eine Lobpreiszeit reduziert wird.

Die Bibel verbindet das gesprochene und das gesungene Wort, das Hören und Reden, das Verkündigen und Beten, die Abendmahlsfeier und den Lobpreis. Sie fördert die dialogische Grundstruktur des Gottesdienstes, so dass alle gottesdienstlichen Vollzüge eingebettet sind in das große Wort-Antwort-Geschehen.

Schlussetappe: Anregungen zur Gestaltung

Wir sind bei der letzten Etappe angekommen. Was heißen nun die bisherigen Überlegungen für die Gottesdienstgestaltung? Ich gebe dazu einige Anregungen:

  • Der Gottesdienst ist ein Ort, wo der Zugang zur Quelle der Bibel eröffnet wird. Das scheint uns manchmal etwas langweilig. Wir kennen doch die Bibel. Wir wissen doch, wen wir verehren. Wir kennen doch Gott. Wirklich? So selbstverständlich würde ich das nicht hinnehmen. Ich selbst brauche diese Quelle, um immer wieder neu Ausrichtung auf Gott und Korrektur zu erfahren. Unsere Mitchristen brauchen diese Quelle. Und wenn wir möchten, dass unsere Mitmenschen und die nächste Generation Gott verehrt, dann ist es der beste Weg, wenn wir sie zur Quelle führen, damit sich Gott ihnen selbst in seinem Wort offenbaren kann. Vielleicht wird ihr Lobpreis dann anders aussehen als unserer. Das ist gut so. Entscheidend ist, dass er aus der richtigen Quelle schöpft.
  • Die Bibel wird im Gottesdienst gelesen und gehört. Es reicht nicht, über die Bibel zu sprechen, die Bibel muss selber zu Wort kommen. Zum Beispiel durch ein Bibelwort zur Eröffnung, durch Lesungen von Bibeltexten, durch eine bibelbasierte Auslegungspredigt, durch einen biblischen Segenszuspruch am Ende des Gottesdienstes. Gesungener Lobpreis kann sehr bewusst in Verbindung zu Bibelworten gestaltet werden, indem Bibelworte gelesen werden, welche dann in den Liedern aufgenommen werden. Wenn zu Beginn einer Lobpreiszeit ein Bibelwort steht, wird damit auch deutlich signalisiert, dass unser Lobpreis nicht mit uns beginnt, sondern mit der Selbstoffenbarung Gottes in seinem Wort.
  • Bei der Liedauswahl wird sorgfältig darauf geachtet, dass die Aussagen über Gott mit der Selbstoffenbarung Gottes in der Heiligen Schrift übereinstimmen. Manche Gemeinden machen gute Erfahrungen damit, ein Liederrepertoire für den gottesdienstlichen Gebrauch zusammenzustellen. Gerade in Gemeinden, die ein breites Spektrum an Musik- und Liedstilen pflegen möchten, ist die inhaltliche Auswahl sehr bedeutsam. Denn wenn der Liedtext gut ist, dann hilft das auch Gottesdienstteilnehmern, in ein Lied einzustimmen, selbst wenn sie mit dem Musikstil nicht so vertraut sind. Hier kann man vom Grundsatz ausgehen: Je mehr die Lieder so von Gott singen, wie er sich selbst offenbart hat, desto eher können Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen und aus unterschiedlichen Milieus mit einstimmen.
  • Bei der Planung des Gottesdienstes wird reflektiert, welches Lied an welcher Stelle des Gottesdienstes gesungen wird. Lieder sind keine Lückenfüller und keine Auflockerung im Gottesdienst. Wenn wir singen, handeln wir. Jedes Singen ist eine gottesdienstliche Handlung. Wir beten singend, loben singend, bitten singend, bekennen singend, bringen unsere Hingabe an Gott singend zum Ausdruck, verkündigen singend sein Wort etc. In einem Gottesdienst kann es gut und gerne eine ausgedehnte Zeit des gesungenen Lobpreises geben. Es wäre aber schade, wenn das Singen auf eine solche Zeit reduziert wird.

Ich ende mit dem Blick auf eine großartige Lobpreis-Szenerie, die uns der Seher Johannes schildert:

„Und ich sah etwas wie ein gläsernes Meer, mit Feuer vermischt; und auf dem gläsernen Meer standen, die gesiegt hatten über das Tier und sein Bild und die Zahl seines Namens, mit den Harfen Gottes in der Hand. Und sie singen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes: Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, Herrscher über das All. Gerecht und voller Wahrheit sind deine Wege, o König der Völker.“ (Offenbarung 15,2–3)

[1] zitiert nach Meyer-Blanck, Michael, Liturgie und Liturgik. Der Evangelische Gottesdienst aus Quellentexten erklärt (UTB 3196), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2., aktualisierte Aufl. 2009, 32.