Schätze der Gnade

Rezension von Andreas Münch
3. Juni 2014 — 5 Min Lesedauer

Alte Wahrheiten werden wieder neu entdeckt, belebt und für die Kirche Jesu fruchtbar gemacht. In den USA hat die reformatorische Theologie bereits feste Formen erhalten, durch namhafte Führungspersönlichkeiten, Ausbildungsstätten, Gemeindeverbände, Missionswerke, Publikationen sowie Konferenzen. So sehr man auch gerne am Segen der Amerikaner teilhat, so wünscht man sich doch eine (dauerhafte) Erweckung für das eigene Land. Das Buch Schätze der Gnade – Reformatorische Theologie im 21. Jahrhundert kann dabei richtungsweisend sein und wertvolle Impulse liefern.

In zehn Aufsätzen werden verschiedene Themen besprochen, die eine wichtige Rolle innerhalb der reformatorischen Theologie spielen. Die Autoren kommen sowohl aus dem akademischen wie gemeindlichen Hintergrund. Darunter befinden sich Theologen aus Deutschland als auch aus den USA. Nichtsdestotrotz bildet das Buch ein Ganzes und schickt sich an, dem Leser den Wert, die Notwendigkeit und den Nutzen reformatorischer Theologie nahezulegen. Im Folgenden möchte ich einen kurzen Überblick über die einzelnen Aufsätze geben.

Johannes Calvin: Warum wir mehr über den Reformator wissen sollten (Thomas Schirrmacher): In vielen deutschen Gemeinden ist der Name Johannes Calvin immer noch recht negativ besetzt. Warum das so ist und ob dieses Calvin-Bild gerechtfertigt ist wird anfangs besprochen. Im Anschluss werden einige zentrale Lehren von Calvin kurz umrissen um aufzuzeigen, wie bedeutsam Calvin als Theologe für die Kirche war – damals wie heute. Ein Plädoyer, um sich intensiver mit dem Reformator aus Genf zu befassen.

Neuer Calvinismus: Einblicke in eine junge reformierte Bewegung (Ron Kubsch): Die Welle des sogenannten Neuen Calvinismus ist mittlerweile bei uns angekommen. Doch was steckt eigentlich dahinter? Wie unterscheidet sich der Neue Calvinismus vom alten? Ron Kubsch liefert zunächst einen informativen historischen Überblick, um die Unterschiede aufzuzeigen. Auch auf die Kritik am Neuen Calvinismus wird eingegangen sowie ein Ausblick gegeben, wie es mit der Bewegung weitergehen wird. Der Artikel bietet eine gute und faire Analyse des Neuen Calvinismus.

Zurück zu alten Ufern: Die reformierten Wurzeln der Baptisten und Freien evangelischen Gemeinden in Deutschland (Matthias Lohmann): Wichtige Einblicke in die deutsche Kirchengeschichte liefert der Aufsatz von Matthias Lohmann über die Entstehungsgeschichten der Baptisten sowie der FeGs in Deutschland. Die reformatorische Theologie hatte Anfangs einen hohen Stellenwert innerhalb dieser Gemeindebünde, der leider größtenteils verloren gegangen scheint. Ein interessanter Artikel, der Mut macht, sich wieder auf die reformierten Wurzeln zu besinnen.

Können wir die Wahrheit erkennen? (Richard D. Phillips): Wie können wir in einer postmodernen Gesellschaft das Evangelium verkünden, wo das Wort „Wahrheit“ jegliche Bedeutung verloren hat? Dieser Frage geht Richard D. Phillips nach. Er zeigt schlüssig die Krise des postmodernen Denkens auf – die Behauptung, dass es keine absolute Wahrheit gibt – und zeigt hilfreiche Richtlinien auf, wie wir unseren Mitmenschen begegnen können. Christen, die in Gesprächen mit ihren ungläubigen Mitmenschen herausgefordert werden klare Positionen zu vertreten, werden von diesem Artikel profitieren.

Was heißt „Evangelium“? (Bryan Chapell): Eine Reformation braucht eine klare und biblische Vorstellung vom Evangelium. Was beinhaltet das Evangelium? Bryan Chapell gibt dazu drei Antworten, die er im Detail erläutert: 1) Was Gott von uns fordert, stellt er selbst bereit 2) Was Gott schenkt, vervollkommnet er 3) Wen Gott vervollkommnet, den gebraucht er. Der Artikel ist sehr erbaulich, da er uns an die geistlichen Segnungen in der Himmelswelt in Christus erinnert (vgl. Epheser 1,3).

Die Rechtfertigungslehre (Philip Graham Ryken): Die Frage nach der Rechtfertigung des Sünders ist eine der zentralen Lehren innerhalb der reformierten Theologie. Philip Graham Ryken gibt einen systematischen Überblick über diese wichtige Lehre und zeigt auf, was sie bedeutet und was sie nicht bedeutet. Eine Lehre, über die man immer wieder staunen und dankbar sein sollte.

Das Evangelium gehört in jede Predigt! Auslegungspredigt und das Evangelium (Matthias Lohmann): In diesem zweiten Aufsatz von Matthias Lohmann geht es von der Theorie in die Praxis. Jede Textauslegung sollte eine Evangeliumspredigt sein, so die Kernaussage dieses Aufsatz. Warum das so ist und wie man das für den eigenen Lehrdienst fruchtbar machen kann wird erklärt und auf weiterführende Literatur verwiesen. Meines Erachtens ein hilfreicher Einstieg in ein wichtiges Thema.

Grund zur Freude (Christian Wegert): Christen haben allen Grund dankbar zu sein. Dieser Aufsatz von Pastor Christian Wegert ist eine erbauliche Reise durch den Philipperbrief, in dem wir viel über die Freude eines Christen lesen können. Mit dem Herzen eines Pastors geschrieben, tut dieser Aufsatz der Seele gut und ist ein kleiner Wegbegleiter auf dem Weg zur Freude.

Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! Gedanken zum Verhältnis von Gottes Souveränität und menschlicher Verantwortung (Titus Vogt): Wie Gottes Souveränität, Gottes Gerechtigkeit und die Verantwortung des Menschen in Verbindung stehen zeigt Titus Vogt in seinem recht kurzen Aufsatz. In kurzen und knappen Worten wird die Argumentationslinie von Paulus in Römer 9,
6–23 skizziert. Der Autor hätte viele Seiten über dieses strittige Thema füllen können, doch er gibt sich damit zufrieden, Gott Gott sein zu lassen und nicht alles verstehen zu müssen. Dementsprechend endet der Artikel mit einem Lobpreis Gottes, was ein angemessener Abschluss der vorherigen Betrachtung ist.

„Liebe, und tue was du willst“ – Der Christ und das Gesetz (Ron Kubsch): Hat uns das Evangelium vom Gesetz Gottes befreit oder wie haben wir die Rolle des Gesetzes für uns neutestamentliche Christen zu verstehen? Dieser Frage geht Ron Kubsch in seinem zweiten Aufsatz nach. Er gibt einen fundierten Überblick über die Gesamtthematik und zeigt auf, dass das Gesetz nach wie vor eine wichtige Rolle im Leben des Volkes Gottes spielt, jedoch freilich nicht als Heilsweg sondern als Erfüllung des Gebotes der Liebe zu Gott und den Mitmenschen.

Im Anhang findet der Leser die theologischen Grundlagen von Evangelium21. Dieses Glaubensbekenntnis ist für interessierte Christen ohne reformierten Hintergrund ein guter Einblick sowie eine Arbeitsgrundlage für Gemeinden, die diese Überzeugungen teilen und sie in ihren Glaubensbekenntnissen verankern möchten.

Die Lektüre hat mir Mut gemacht, dass sich in unseren Gemeinden etwas zum Guten verändern kann, wenn wir auf das bauen, was die Reformatoren für sich entdeckt haben: Allein die Schrift, allein die Gnade, alleine der Glaube, alleine Christus damit Gott in allem alleine die Ehre gebührt.

Buch

Ron Kubsch u. Matthias Lohmann (Hrsg.). Schätze der Gnade – Reformatorische Theologie im 21. Jahrhundert. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2013. 16,95 €.

Andreas Münch ist mit Miriam verheiratet. Sie haben drei Söhne. Er hat Theologie studiert und arbeitet bei der Herold-Mission. Darüber hinaus schreibt er Fantasy-Romane und bloggt auf andreas-muench.com.