Wie Freude in Liebe übersprudelt

Artikel von John Piper
29. Januar 2021 — 6 Min Lesedauer

Wenn die Freude an Christus im Philipperbrief so wichtig ist, wie ist es dann mit der Freude an Menschen? Ist sie ein Kompromiss? Ist sie gut? Nun: Man kann diesen Brief nicht lesen und dabei überlesen, wie Paulus über seine Beziehung zu den Philippern jubelt.

In Philipper 1,3–5 bereitet er die Bühne vor: „Ich danke meinem Gott bei jeder Erinnerung an euch allezeit in jedem meiner Gebete und bete für euch alle mit Freuden wegen eurer Teilnahme am Evangelium vom ersten Tag an bis jetzt.“ Als ihm diese Gläubigen in den Sinn kommen, kommt Freude auf und bricht sich Bahn im Gebet. Und er sagt, sie liegt begründet in ihrer Teilnahme am Evangelium mit ihm.

Partnerschaft impliziert eine wunderbare, lebendige Verbindung mit anderen Menschen aus Fleisch und Blut um des Evangeliums willen. Paulus verknüpft seine Freude an Menschen immer mit seiner Freude an Christus. Manche Menschen, Nichtchristen und sogar Christen, fühlen sich nicht geliebt, wenn du deine Liebe zu ihnen auf diese Weise beschreibst. Woran liegt das? Wir kommen gleich auf diese Frage zurück.

Erfüllt meine Freude

In Philipper 2,2 heißt es: „Erfüllt meine Freude“. Denke mal darüber nach. Paulus sagt das zu Menschen: Ihr erfüllt meine Freude, indem ihr dieselbe Gesinnung und dieselbe Liebe habt, nichts aus Rivalität tut, sondern andere für wichtiger haltet als euch selbst. Kümmert euch nicht nur um euer eigenes Wohl, sondern auch um das Wohl der anderen. Haltet das in eurem Sinn fest, was auch in Christus Jesus war (siehe V. 2-5).

Wie werden also die Philipper die Freude des Paulus erfüllen? Durch ihren vereinten Wunsch, anderen auf die Weise zu dienen, auf die Christus uns dient. Dass sie ihm Freude bereiten, verknüpft er damit, dass sie Christus im Sinn haben. So sieht er die Dinge im ganzen Brief. Der Grund für seine so sehr übersprudelnde Freude liegt genau daran, dass Christus in ihnen Gestalt annimmt.

Ein weiteres Beispiel ist Epaphroditus in Philipper 2,29. Paulus schickt Epaphroditus zurück zu den Philippern. Epaphroditus hatte Paulus ein Geschenk von ihnen mitgebracht und Paulus schickt Epaphroditus wahrscheinlich als Überbringer dieses Briefes zu ihnen zurück. Paulus schreibt: „Nehmt ihn nun auf im Herrn mit aller Freude“. Anders gesagt: Die Ankunft dieses Menschen, den ihr liebt, soll euch Freude bereiten. Nehmt ihn auf mit aller Freude.

Weiter sagt er: „Haltet solche Brüder in Ehren! Denn um des Werkes Christi willen ist er dem Tod nahe gekommen“ (V. 29-30). Hier ist es wieder. Welche Art von Brüdern sollen sie in Ehren halten (bzw. sich an ihnen freuen, oder ihre Freude an ihnen zum Ausdruck bringen)? Brüder, die das Evangelium so sehr lieben, die Christus so sehr lieben, dass sie bereitwillig ihr Leben für ihn aufs Spiel setzen. Das ist nicht einfach nur eine abstrakte Freude an einem Freund. Das ist eine Freude, die zutiefst darin verwurzelt ist, dass dieser Freund die Art Mensch ist, die ihr Leben für das Evangelium hingibt.

Meine Freude und meine Krone

In Philipper 4,1 heißt es: „Daher, meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude und mein Siegeskranz“. Paulus nennt die Philipper seine Freude. Ihr seid meine Freude, meine Krone. Was bedeutet das? Auf welche Weise sind sie die Krone und die Freude im Leben von Paulus? Ich denke, die Antwort findet sich in Philipper 2,16: „[Haltet] das Wort des Lebens fest, mir als Grund zum Rühmen auf den Tag Christi, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, auch nicht vergeblich gearbeitet habe“.

Anders gesagt: Wenn ihr an Christus festhaltet, wenn ihr das Wort von Christus festhaltet, dann werden wir gemeinsam in der Gegenwart Christi ankommen. Euer ganzer Glaube, euer ganzes Leben – wie ihr euch über Christus freut, wie ihr Christus nachfolgt, wie ihr euer Leben würdig des Evangeliums führt – all das wird meine Freude und meine Krone sein. Ihr werdet der lebende Beweis dafür sein, dass mein Leben ein Erfolg war, indem ich euch auf Christus und den Wert seines Wortes hingewiesen habe. Und das wird meine Freude sein.

Ein letzter Text: In Philipper 4,10 heißt es: „Ich habe mich aber im Herrn sehr gefreut, dass ihr endlich einmal wieder aufgeblüht seid, an mich zu denken“. Ihr macht mich froh. Ihr habt an mich gedacht. Ihr seid aufgeblüht. Und ihr habt Epaphroditus geschickt und mir Gaben gebracht. Ich bin begeistert. In Philipper 4,17–18 tritt er dann einen Schritt zurück und sagt: „Nicht, dass ich die Gabe suche, sondern ich suche die Frucht, die sich zugunsten eurer Rechnung mehrt. Ich habe aber alles erhalten und habe Überfluss, ich habe die Fülle, da ich von Epaphroditus das von euch Gesandte empfangen habe, einen duftenden Wohlgeruch, ein angenehmes Opfer, Gott wohlgefällig.“ Anders gesagt: Was ihn schlussendlich froh machte, als er das wieder aufgeblühte Anliegen sah, das er für sie geworden war, war, dass sie nicht einfach nur für ihn ein Opfer brachten, sondern für Gott.

Die großartige Quelle der Liebe

Jedes Mal, wenn Paulus über seine Freude an seinen Freunden spricht, dann spricht er über seine Freude an Christus, die zwangsläufig damit verknüpft ist. Seine Freude an anderen Menschen kommt aus seiner Freude an Christus, und sie zielt auf ihre tiefere und größere Freude an Christus.

„Paulus glaubt, dass nur Christus allein allgenügsam ist. Und deshalb ist es das, was er sich auch für andere wünscht.“
 

Was also, wenn jemand sagen würde: „Ich fühle mich nicht geliebt, wenn du so redest. Ich fühle mich benutzt, wenn du das sagst.“ Warum sollte jemand so etwas sagen? Paulus sagt: „Ich halte auch alles für Verlust um der unübertrefflichen Größe der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, willen“ (Philipper 3,8). Für Paulus liegt die größte Freude darin, die großartigste Person im Universum zu sehen, zu kennen und in Beziehung mit ihr zu leben: Jesus Christus. Er glaubt, dass nur Christus allein allgenügsam ist. Und deshalb ist es das, was er sich auch für andere wünscht.

Was ist, wenn jemand diese Werte nicht teilt? Christus ist für sie nicht wertvoller als ihr eigenes Leben, ihre eigene Familie, ihre eigenen Angelegenheiten. Sie hören wie du darüber sprichst, als würde deine Liebe für sie von deiner Liebe zu ihm kommen. Und deine Liebe zu ihnen will, dass sie das wissen. Sie glauben jedoch nicht daran. Sie können das nicht als Liebe erleben, weil sie von dir wollen, dass du sie groß rausbringst.

Dieser Mensch sagt dir vielleicht: Ich denke, das Christentum hat dich zu einem lieblosen Menschen gemacht. Das ergibt innerhalb ihres Weltbilds absolut Sinn. Das tut es. Aber es ist ein falsches Weltbild. Es ist ein Weltbild ohne Philipper 3,8. Wenn das geschieht, dann musst du tief einatmen, geduldig sein und erkennen, dass sie es nicht mit anderen Augen sehen können. Sie können nicht anders empfinden, weil eine Liebe, die sich um Christus dreht, für sie keinen Sinn ergibt, weil bei ihnen Christus nicht im Zentrum steht. Zumindest noch nicht.

Lasst uns also Jesus Christus als allergrößten Schatz vor Augen halten und lasst uns Freude aneinander haben und einander bis zu diesem großen Ziel dienen.