Die Gemeinde und Mission

Artikel von Allan Harman
27. Januar 2021 — 4 Min Lesedauer

Das Heil wird den Heiden verheißen

Den neutestamentlichen Lehren über Mission liegen zwei wichtige Vorstellungen zugrunde. Die erste wird in den in Lukas 1 festgehaltenen Lobgesängen sichtbar. Hier singen Maria und Zacharias von der kommenden Geburt Jesu, doch sie tun dies in Bezug auf Gottes Verheißungen im Bund mit Abraham (Lukas 1,54–55; 72–73). Neben dem Versprechen einer großen Familie und eines Landes, in dem diese wohnen werde, sagt Gott zu Abraham, dass er die Nationen in ihm segnen werde (Gen 12,3). Erlösung war Gottes Absicht – Erlösung nicht nur für die in Israel, die wirklich glaubten, sondern auch für die heidnischen Völker. Nach und nach wurde deutlich, dass dies durch den Messias, Gottes erwählten Erlöser, geschehen würde.

„Erlösung war Gottes Absicht – Erlösung nicht nur für die in Israel, die wirklich glaubten, sondern auch für die heidnischen Völker.“
 

Die Eingliederung derer, die nicht zu Israel gehörten, zeigte sich, als Heiden wie Rahab, Naaman und Ruth zum Glauben an den lebendigen Gott kamen. Obwohl dies nur vereinzelte Fälle waren, halfen sie zweifellos dabei, die Erwartung der weltweiten Verkündigung der guten Nachricht zu bekräftigen. Die Verheißung an Abraham bildete auch den Rahmen, den die Propheten und Psalmisten gebrauchten, um von der Aufnahme der Heiden in Gottes Königreich zu sprechen. Wiederholt sangen die Psalmisten von dem kommenden Tag, an dem die heidnischen Völker den Herrn preisen würden (Ps 67,3–5), während Propheten wie Jesaja an alle Enden der Welt appellierten, sich dem Herrn zuzuwenden und gerettet zu werden (Jes 45,22).

Das Heil wird den Heiden verkündigt

Die zweite Vorstellung ist mit der ersten verknüpft und betrifft die Beschränkung, die Jesus sich selbst und seinen Jüngern auferlegte. Er wies seine Jünger dazu an, nicht zu den Heiden und Samaritern, sondern nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israels zu gehen (Mt 10,5–6). In den Evangelien gibt es ein paar Beispiele für Ausnahmen dieser Vorgehensweise (z. B. Mt 15,21–28; Joh 4,4–30). Jesus machte es seinen Jüngern jedoch deutlich, dass er noch andere Schafe hatte, die zu seiner Herde geführt werden sollten (Joh 10,16) und dass er all diese zu sich ziehen würde, wenn er am Kreuz erhoben wäre (Joh 12,32).

Bis zum Tod und zur Auferstehung Jesu hat sich dieser beschränkte Dienst durchgesetzt. Doch dann kam es zu einem Wandel. Sein Heilswerk war vollbracht; er verkündete seinen Jüngern, dass sein Dienst sich ausgeweitet habe und dass sie hingehen sollten, um aus allen Völkern Jünger zu machen (Mt 28,18–20). Seine Anweisungen in Lk 24,47 weisen ebenfalls darauf hin. Die Evangeliumspredigt über Umkehr und Vergebung war an „alle Völker” gerichtet. Jesu Vorstellung des zukünftigen Evangeliumsdienstes war selbstverständlich mit der Auffassung verbunden, dass das, was der Bund mit Abraham beinhaltete, durch den Dienst der Gemeinde erfüllt werden würde.

Die Apostelgeschichte zeigt, wie dies in den frühen Jahren der Kirche erfolgte. Die Gemeinde breitete sich gemäß Jesu Anweisungen an seine Jünger aus: diese sollten „Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde” (Apg 1,8). Lukas dokumentiert das wachsende Ausmaß der Mission bis zum Ende seines Buches. Hier verkündet Paulus Gottes Königreich im Herzen des Römischen Reiches „mit aller Freimütigkeit und ungehindert” (Apg 28,31).

„Als Christen haben wir den Geist, weil Gott sein Wort, das er vor langer Zeit an unseren Vater Abraham richtete, erfüllte.“
 

Als Paulus die jungen Gemeinden in Galatien im Evangelium unterwies, tat er dies in Bezug auf den abrahamitischen Bund. Christus erlöste uns, „auf dass der Segen Abrahams zu den Heiden komme durch Christus Jesus und wir den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben” (Gal 3,14). Als Christen haben wir den Geist, weil Gott sein Wort, das er vor langer Zeit an unseren Vater Abraham richtete, erfüllte.

Das Heil in Christus vereint Menschen aus aller Welt

Was bedeutet dies für heutige Mission im Leben der Gemeinde? Wir befinden uns in der hervorragenden Lage, zu wissen, dass es Gottes Absicht ist, Juden und Heiden in die Herde des Herrn Jesus aufzunehmen. Dies hat er vor aller Ewigkeit geplant und seine Erfüllung ist gewiss. Matthäus 28,18–20 ist nicht nur ein Auftrag; es ist ein Ausdruck göttlichen Willens: die Völker werden versammelt werden.

Das Beispiel des missionarischen Dienstes der frühen Kirche sollte uns ermutigen, doch auch die Visionen im Buch der Offenbarung sind dazu da, um uns zu unterweisen und zu ermutigen. In ihnen laufen die zentralen Themen der Verheißungen an Abraham zusammen: Familie, Land, Segen. Gottes Gemeinde wird aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen bestehen (Offb 5,9). Sein Volk wird im neuen Jerusalem leben und Zeuge dafür sein, dass der Segen des Evangeliums über all seine Feinde gesiegt hat. Die Verheißung wird zur Realität geworden sein und die aus aller Welt versammelte Gemeinschaft wird singen: „Das Heil ist bei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und bei dem Lamm!” (Offb 7,10).