Das Evangelium für Muslime

Artikel von Thabiti Anyabwile
16. Dezember 2020 — 5 Min Lesedauer

Im Jahr 2005 bin ich zum ersten Mal in den Nahen Osten gereist. Dort habe ich an einem Dialog zwischen Christen und Muslimen teilgenommen, der von einer lokalen muslimisch-christlichen Studentenorganisation hervorgerufen wurde. Soviel wir wissen, war dies der erste öffentliche Dialog dieser Art in der Geschichte dieses Landes. Für viele der muslimischen Studenten war es das erste Mal, dass sie je einen Christen persönlich das Evangelium verkünden gehört haben.

Eine oft gestellte Frage

Während unserer Zeit im Nahen Osten fragten sowohl Studenten und Erwachsene immer wieder: „Wie können wir das Evangelium an Muslime weitergeben?“. Diese Frage wird mir häufig gestellt. Hinter der Frage stecken normalerweise ein oder zwei tiefergreifende Bedenken. Entweder macht der Gedanke des Evangelisierens unter Muslimen dem Fragenden Angst, oder ihm fehlt das Vertrauen in das Evangelium, was durch seine Frage nach einer spezifischen Methode offengelegt wird.

„Was wir bezüglich der Evangelisation unter Muslimen am meisten benötigen, ist ein Vertrauen in die Kraft des Evangeliums selbst.“
 

Ich bin zu dieser festen Schlussfolgerung gelangt: Was wir bezüglich der Evangelisation unter Muslimen am meisten benötigen, ist ein Vertrauen in die Kraft des Evangeliums selbst. In Römer 1,16 erklärt Paulus seinen Eifer, der Gemeinde in Rom das Evangelium zu verkünden: „Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen“. Der Apostel könnte „auch für den Muslim” hinzufügen. Doch nur selten hören wir vom Vertrauen ins Evangelium, das uns als Gebot der Stunde zur Verfügung steht, wenn es darum geht, das Evangelium an Muslime weiterzugeben. Stattdessen hören wir viel über Vorgehensweisen, Apologetik, Kontextualisierung und sogar Politik.

So wichtig Kontextualisierung, Apologetik und Vorgehensweisen auch sind, können wir unser Vertrauen nicht in diese Dinge setzen. „Der Grund warum das Evangelium wirkt, sind nicht wir, sondern das Evangelium selbst ist der Grund, warum es wirkt” (Ligon Duncan, Feed my Sheep). Die Botschaft über den sündlosen Sohn Gottes – Mensch geworden, gekreuzigt, begraben und auferstanden für die Sünder, um sie vom Gericht Gottes zu befreien und sie in die liebende Gemeinschaft mit Gott zu bringen – bewirkt die Erlösung, die wir uns so sehnlich für unsere muslimischen Nachbarn und Freunde wünschen. Allein das Evangelium erzielt dies. Und wir, die Träger dieser Botschaft, können getrost unser Vertrauen in diese setzen.

Einige hilfreiche Hinweise

Während unser Vertrauen im Evangelium selbst verankert sein muss und die treue Weitergabe der Botschaft unsere Priorität sein sollte, gibt es ein paar Dinge, die wir im Kopf behalten müssen und die uns in unseren Bemühungen, Muslime zu evangelisieren, weiterhelfen werden.

Sei erfüllt mit dem Geist. Wenn wir die Apostelgeschichte genauer betrachten, sehen wir einen engen Zusammenhang zwischen dem Erfülltsein mit dem Geist der Jünger und einer freimütigen Verkündigung des Evangeliums (z.B. Apg 2,1–41;4,13,29;6,10;13,9–10). Christen sind sonderbare Wesen, die Gott von innen - nicht von außen - durch seinen innewohnenden Geist lenkt. Da uns der Geist lenkt und uns Gottes Liebe in unser Herz schüttet, mögen wir uns von unserer Angst lossagen und freimütig bezeugen.

Vertraue der Bibel. Zu viele evangelistische Gespräche mit muslimischen Nachbarn finden ohne Bezug zur Bibel statt. Zugleich verwerfen die meisten Muslime die Bibel als verfälscht oder missverstanden. Christen sollten ihr Vertrauen in die Unfehlbarkeit, Autorität und Kraft des Wortes Gottes erkennen lassen, indem sie während der Evangelisation einfach die Bibel verwenden. Öffne sie geduldig, lese Schlüsselstellen im Kontext, erkläre den Sinn und versichere dich anschließend, ob es Verständnis und eine Reaktion hervorgerufen hat. Du wirst sehen, dass die Bibel selbst auf die häufigsten Einwände geschickt antwortet. Nicht wenige Ungläubige und Skeptiker sind durch das schlichte Lesen der Schrift erschüttert und zum Glauben gebracht worden.

„Christen sollten ihr Vertrauen in die Unfehlbarkeit, Autorität und Kraft des Wortes Gottes erkennen lassen, indem sie während der Evangelisation einfach die Bibel verwenden.“
 

Sei gastfreundlich. Abgesehen davon, dass es ein Gebot des Neuen Testaments ist (Röm 12,13; 1Petr 4,9), bietet Gastfreundschaft strategische Gelegenheiten, um Freundschaften zu vertiefen und das Evangelium weiterzugeben. Anderen seinen Wohnraum zu öffnen, resultiert in offenen Herzen. Unsere gedeckten Tische, Wohnzimmer, Familienfeiern und gemeinsamen Ausflüge können alle dazu dienen, das Evangelium voranzutreiben. Jedoch werden die meisten Einwanderer innerhalb der Vereinigten Staaten nie in amerikanische Haushalte eingeladen. Zu unserer Schande - vor allem als Christen. Indem wir darin versagen, gastfreundlich zu sein, widersetzen wir uns unserem Herrn und versäumen es, ganz konkret seine Fürsorge und Rücksicht zu vermitteln.

Gebrauche deine örtliche Gemeinde. Gott möchte, dass die zuschauende Welt durch die örtliche Gemeinde die Wirklichkeit seiner Liebe zu sehen bekommt (Joh 13,34–35). Die Gemeinschaft von Gottes Volk verdeutlicht die versöhnende Kraft des Evangeliums auf eine Art und Weise, wie es unser individueller Lebensstil nicht zu tun vermag (Eph 2,13–16). Lade deine muslimischen Freunde in deine Gemeinde ein. Lass sie das Christentum innerhalb seiner Gemeinschaft und des versammelten Gottesdienstes des Volkes Gottes wahrnehmen. Unter den vielen Mitgläubigen wirst du beim Aufzeigen der Ansprüche Christi auf Unterstützung stoßen.

Leide für Seinen Namen. Wir dienen einem leidenden Messias, der uns täglich dazu aufruft, unser Kreuz zu tragen (Lk 9,23). Dies mag Zurückweisung, Verlegenheit, Beleidigung und gelegentlich auch ein verärgertes Wort mit sich bringen. Wir werden auf dem Missionsfeld möglicherweise physisch verfolgt werden. Doch lasst uns die Gesinnung der ersten Jünger einnehmen, die sich freuten, weil sie gewürdigt worden waren, Schmach zu leiden um seines Namens willen (Apg 5,41). Sollten wir leiden, so lasst uns an Jesu Leiden denken (1Petr 2,22–23). Lasst uns an Gottes Verheißungen der Erlösung und des Trostes für uns denken (2Kor 1,5;9–10). Und lasst uns die große Belohnung nicht vergessen, die Gott für die bereithält, die für Christus leiden (Mt 5,10). Leiden ist kein Hindernis; es ist der Weg zur Herrlichkeit.