Adventsmüde?

Artikel von Adam Ramsey
5. Dezember 2020 — 4 Min Lesedauer

In der Weihnachtszeit hat man das gesteigerte Gefühl, dass etwas Wunderbares bevorsteht. Spürst du das auch?

Wie ein leises Geräusch in der Ferne, das immer näher kommt. Wie das Warten auf dem Flughafen, bevor man mit seinen Lieben wieder vereint wird, wenn sie aus dem Terminal kommen. Wie der Moment, kurz bevor die Sonne hinter dem Horizont hervorbricht. Wie ein Versprechen, das sich bald erfüllen wird. Etwas Wunderbares steht bevor. Frederick Buechner schreibt:

„Eine Sekunde lang riecht man einen Duft in der Luft, der einen an einen Ort erinnert, an dem man noch nie war, und an eine Zeit, für die man keine Worte hat. Man spürt sein Herz klopfen. Das Außergewöhnliche, das geschehen wird, kommt nur dem außergewöhnlichen Moment gleich, kurz bevor es geschieht. Dieser Moment heißt Advent.“

Advent. Etwas Wunderbares wird kommen.

Eine Zeit der Entschleunigung

Der letzte Sonntag markierte den Beginn der Adventszeit, eine Jahreszeit im liturgischen Kalender, die jedes Jahr am vierten Sonntag vor Weihnachten beginnt. In dieser Zeit sollen unsere Herzen vorbereitet werden, Christus wertzuschätzen. Doch in diesem frenetischen Chaos am Jahresende ist es so einfach, diese kostbaren Momente des Wartens zu vergeuden. Viele von uns wissen nur zu gut, wie es ist, wenn der Dezember einfach so dahingeht und man am Ende wie ein erschöpftes Opfer unseres Konsumzeitalters vor der Weihnachtstür ankommt.

Reagieren. Organisieren. Shoppen. Planen. Einpacken. Budgetieren. Gestresst sein. Essen. Stress-Essen.

Ich schreibe hier für alle, die wie ich ihr Leben entschleunigen und die oft vergessenen Worte „Ein jedes Herze bereite sich“ aus dem Lied „Freue dich Welt“ beherzigen müssen.

Eine Zeit des Erinnerns

Wenn wir uns an Gottes Verheißungen erinnern, die an Weihnachten erfüllt wurden, denken wir daran, wie sehr die Menschwerdung Christi die Welt erschüttert hat. Die Bedeutung von Weihnachten geht meilenweit über Familientraditionen, schöne Lichter und die Chance, den zur Neige gegangenen Sockenvorrat aufzufüllen, hinaus.

„Die Bedeutung von Weihnachten geht meilenweit über Familientraditionen, schöne Lichter und die Chance, den zur Neige gegangenen Sockenvorrat aufzufüllen, hinaus.“
 

Weihnachten ist eine Revolution. Weihnachten ist ein Wunder. Weihnachten bedeutet, dass Gott für uns in die Welt gekommen ist.

Der Himmelskönig hat seinen Thron gegen eine Krippe eingetauscht.

Der Allmächtige hat sich verwundbar gemacht.

Der Schöpfer trat in seine eigene Schöpfung ein.

Der Autor ist Teil seiner eigenen Geschichte geworden.

Der Unendliche wurde ein Säugling.

Der Gebende wurde zum Geschenk.

Jesus kam als Immanuel – Gott mit uns. Wie Augustinus vor langer Zeit sagte: „Er wurde aus einer Mutter gezeugt, die er erschaffen hat. Er wurde von Händen getragen, die er geformt hat“. Wenn wir darüber nachdenken, wie nah uns Gott gekommen ist, werden wir uns stärker danach sehnen, ihm zu folgen.

Eine Zeit der Erwartung

Die Adventszeit weckt nicht nur ein freudiges Erinnern an Christi erstes Kommen, sondern auch eine tiefe Sehnsucht nach seinem zweiten Kommen (Offb 22,20). In vielerlei Hinsicht befindet sich die heutige Kirche in einer ähnlichen Lage wie das Volk Gottes zum Ende des Alten Testaments: Im Exil an den Rand gedrängt, im Dunkeln hoffend und still den Tag erwartend, an dem Christus zurückkehrt, um mit Tolkiens Worten zu fragen: „Stellt sich alles Traurige als falsch heraus?“

„Und hier, in Erwartung des Advent, entdeckt Gottes Volk eine einzigartige Freude, auf die es nur durch anbetende Erwartung einen flüchtigen Blick erhaschen kann.“
 

Wie ein Kind an Heiligabend, eingehüllt in schöne Erinnerungen an das letzte Weihnachtsfest und atemlos auf das kommende Fest wartend, so ergeht es auch Gottes Volk. Wir leben zwischen dem Hallelujah von Christi Auferstehung und dem Maranatha von Christi Wiederkunft. Und hier, in Erwartung des Advent, entdeckt Gottes Volk eine einzigartige Freude, auf die es nur durch anbetende Erwartung einen flüchtigen Blick erhaschen kann. Timothy Paul Jones drückt es gut aus:

„Im Advent geben sich Christen mit Seufzen zufrieden – nicht als hoffnungsloses Wimmern über die armselige Gegenwart, sondern als erwartungsvolle Sehnsucht nach dem göttlichen Festmahl, das Jesus für uns vorbereitet. ... Wie die alten Israeliten das Kommen des Messias in Fleisch und Blut erwarteten, so erwarten wir das Kommen des Messias in Herrlichkeit. Im Advent bekennen die Gläubigen, dass der Säugling, der seinen ersten japsenden Atemzug zwischen den Knien einer Jungfrau machte, sein letztes Wort noch nicht gesprochen hat.“

Im Advent sollen wir uns daran erinnern, dass wir durchreisende Pilger sind, dass die Zerbrochenheit dieser Welt nicht ewig dauern und der wahre König bald kommen wird.

Ein jedes Herze bereite sich

Wie bei den meisten Dingen ist es gewöhnlich am schwierigsten zu wissen, wo man anfangen soll. Für Familien könnte die gemeinsame Adventszeit der perfekte Zeitpunkt sein, um das Feuer der Familienandacht neu zu entfachen oder sie erstmals zu entzünden.

Der Dezember wird stressig. Aber die Tage müssen uns nicht wie Sand durch die Finger rinnen. Beginnen wir damit, unsere Herzen an diesem Advent für Immanuel, Gott mit uns, vorzubereiten.