Acht Lügen über den Himmel

Artikel von Randy Alcorn
7. November 2020 — 11 Min Lesedauer

Dicke Bücher über Bibel, Theologie und Zitate längst verstorbener Menschen verkaufen sich normalerweise nicht besonders gut. Wie überrascht waren daher mein Verleger und ich, dass über eine Million Exemplare meines 2004 erschienenen Buches Der Himmel – Was uns dort wirklich erwartet verkauft wurden. Unzählige Leser, darunter auch Pastoren, berichteten mir, dass sich ihre Ansichten über das Leben nach dem Tod radikal verändert haben.

Weshalb? Es ist ironisch: In einer Zeit, in der Menschen versuchen, Lehren attraktiver zu machen, indem sie die biblische Wahrheit ignorieren oder verdrehen, ist die wahre biblische Lehre über den Himmel weitaus attraktiver als die dumpfe, unmenschliche Ansicht über das Jenseits, die unter Evangelikalen lange vorherrschte.

Diese kaum verlockende Perspektive hält immer noch viele Gläubige gefangen. Aufgrund unzähliger Reaktionen von Lesern meines Buches und von Gesprächen mit anderen Menschen in den letzten sechzehn Jahren habe ich im Folgenden acht Missverständnisse über den Himmel formuliert, die sich immer noch hartnäckig halten.

1. Wir werden die Ewigkeit in den Wolken verbringen

Nach dem Jüngsten Gericht wird Gott das ganze Universum umgestalten und dann den jetzigen Himmel auf die neue Erde verlegen, wo er mit seinem Volk leben wird (Offb 21,1–4). Die Verheißung des Himmels auf Erden sollte uns nicht überraschen, ist aber schockierend und macht uns misstrauisch, wenn wir immer an etwas anderes geglaubt haben.

Im Laufe der Geschichte haben viele diese biblische Lehre verstanden, darunter auch neuere reformierte Theologen wie Herman Bavinck, Cornelius Venema, Anthony Hoekema und Albert Wolters. Leider haben die meisten Evangelikalen ihre Bücher nicht gelesen. Selbst diejenigen, die es getan haben, begreifen nicht immer die Konsequenzen.

In der Bibelschule und im Seminar endete mein letzter Unterricht im Neuen Testament mit dem Jüngsten Gericht in Offenbarung 20. Im Fach Eschatologie untersuchten wir das Für und Wider der Entrückung in der Mitte der Trübsalszeit und diskutierten über das Millennium, aber wir sprachen nie über die neue Erde, das zentrale Thema der letzten beiden Kapitel der Heiligen Schrift. Also schenkten wir dem Ort, an dem wir für immer mit Jesus und miteinander leben werden, null Aufmerksamkeit! Pastoren, die Der Himmel gelesen haben, berichten mir oft, dass es in ihrer Ausbildung ähnlich aussah.

„Wir müssen die biblische Lehre vom Himmel zurückgewinnen, die in der neuen Erde gipfelt.“
 

Wir Menschen fühlen uns genauso wenig zu einem vagen Engelreich hingezogen wie zum Essen von Kieselsteinen. Wir müssen die biblische Lehre vom Himmel zurückgewinnen, die in der neuen Erde gipfelt.

2. Die Bibel sagt sehr wenig über den Himmel

Ein christlicher Leiter kam einmal in mein Büro und fragte mich, woran ich gerade arbeite. „An einem dicken Buch über den Himmel“, antwortete ich. Er darauf: „Im ersten Korintherbrief 2,9 heißt es: ‚Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.‘ Worüber wirst du also schreiben?“ Ich gab meine übliche Antwort: „Du hast den Satz nicht beendet: ‚Gott aber hat es uns offenbart durch seinen Geist‘“.

Wenn Gott uns verborgene Wahrheiten offenbart, sollten wir besser aufpassen. „Was verborgen ist, ist des Herrn, unseres Gottes; was aber offenbart ist, das gilt uns und unsern Kindern ewiglich“ (5Mo 29,29). Die substanziellen Informationen der Bibel über die kommende Welt gehören uns – und die Bibel liefert weit mehr Informationen, als die meisten erkennen (z.B. wird Jesaja 60 in Offenbarung 22 zweimal zitiert, was darauf hindeutet, dass es um die neue Erde geht).

Gott möchte, dass wir in Erwartung dessen leben, was auf uns zukommt. Deshalb sagt Petrus: „Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt“ (2Pet 3,13).

3. Wir können von Menschen, die behauptet haben, im Himmel gewesen zu sein, etwas über den Himmel lernen

Ein Fernsehsender rief einmal in meinem Büro an und fragte: „Ist Randy im Himmel gewesen?“ Unser Mitarbeiter an der Rezeption antwortete: „Wenn ja, hat er es nie erwähnt. Aber er hat jahrelang in der Bibel und in der Kirchengeschichte geforscht.“ Das Gespräch endete abrupt: „Wir wollen Leute interviewen, die wirklich dort gewesen sind.“

Allzu oft werden Berichte über Besuche im Himmel wie das Evangelium betrachtet. Natürlich kann Gott jemandem das Leben nach dem Tod zeigen, wenn er das will. Aber „es ist dem Menschen bestimmt, einmal zu sterben“ (Heb 9,27). Da diese Geschichten von Menschen erzählt werden, die „zweimal sterben“, sind sie wahrscheinlich beim ersten Mal nicht wirklich gestorben, auch wenn ihre Lebenszeichen nicht messbar waren. Die Erinnerungen eines Menschen unter starken Beruhigungsmitteln sowie seine oder ihre Fähigkeit, Träume von der Wirklichkeit zu unterscheiden, sind im Gegensatz zu Gottes Wort (Joh 17,17) nicht zuverlässig.

Der Apostel Paulus, der im Himmel war, sagte: „Dieser Mensch wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann“ (2Kor 12,3–4). Viele Bücher behaupten jedoch, Geheimnisse preiszugeben, denen manche Leser leider mehr glauben als der Schrift.

4. Der jetzige Himmel wird genauso wie der künftige sein

Wenn Christen sterben, kommen sie in den gegenwärtigen Himmel. „Oma ist jetzt im Himmel“ bezieht sich auf eine vorübergehende Periode zwischen dem Leben auf der Erde und der Auferstehung.

Auch wenn der jetzige Himmel wunderbar und „viel besser“ als das Leben auf der Erde unter dem Fluch ist (Php 1,23), sind wir nicht für diesen geschaffen. Unsere Bestimmung ist das Auferstehungsleben auf einer zu neuem Leben erweckten Erde: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. ... Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: ‚Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen’” (Offb 21,1–3). Der Himmel ist dort, wo Gott wohnt und wo sein Thron ist, und Gottes Wohnort und Thron werden auf der neuen Erde sein (Offb 22,3).

„Gottes letztendlicher Plan ist, nach der Auferstehung herabzusteigen, um ewig bei uns auf der neuen Erde zu leben.“
 

Gottes letztendlicher Plan ist es nicht, uns aufzunehmen, um mit ihm dort zu leben, wo er jetzt ist (was beim Tod geschieht). Sein Plan ist vielmehr, nach der Auferstehung herabzusteigen, um ewig bei uns auf der neuen Erde zu leben. So wie Jesus der fleischgewordene Gott ist, so wird die neue Erde der fleischgewordene Himmel sein.

5. Wir werden ewig körperlos leben

Platon glaubte, dass materielle Dinge, einschließlich unseres Körpers, schlecht sind, während immaterielle Dinge, wie Seelen, gut sind. Was ich „Christoplatonismus“ nenne, hat viele Kirchen angesteckt. Es lehrt, dass die menschlichen Geister ohne Körper besser dran sind, und dass der Himmel ein körperloses Reich ist.

„Gottes Zukunftsplan für ein erneuertes physisches Universum bedeutet: Wir werden leben, essen und trinken, lachen und spielen, uns ausruhen und arbeiten.“
 

Unsere Unfähigkeit, die physische Natur der Auferstehung wertzuschätzen, lässt bei den Gläubigen keine begeisterte Vorfreude auf den Himmel entstehen. Gottes Zukunftsplan für ein erneuertes physisches Universum bedeutet: Wir werden leben, essen und trinken, lachen und spielen, uns ausruhen und arbeiten, unsere Gaben als Gottes Ebenbilder ausüben und, was am wichtigsten ist, mit unserem König Jesus zusammen sein, ihn anbeten und ihm dienen.

Jesus sprach von der „Erneuerung aller Dinge“ (Mt 19,28). Petrus predigte, dass Christus im Himmel bleiben werde „bis zu den Zeiten, in denen alles wiederhergestellt wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten“ (Apg 3,21). Doch irgendwie haben wir ein komplettes biblisches Vokabular aus dem Auge verloren. Versöhnen. Erlösen. Wiederherstellen. Wiedererlangen. Zurückkehren. Erneuern. Auferstehen. Gott plant, seine gesamte Schöpfung physisch wiederherzustellen, einschließlich uns, der Erde und der Tiere (Jes 11,6–9; Jes 65,17; 25; Röm 8,19–23).

6. Im Himmel werden wir uns langweilen

Der Glaube, das ewige Leben bestehe aus endlosem Harfenklimpern, befördert Satans Strategie, „Gott, seinen Namen und seine Wohnung im Himmel zu lästern“ (Offb 13,6).

Der Glaube, dass es im Himmel langweilig sein werde, offenbart die Irrlehre, dass Gott langweilig sei. Was für ein Unsinn! Gott schuf unsere Geschmacksknospen, das Adrenalin, die Nervenenden, die unserem Gehirn Freude bereiten, unsere Vorstellungskraft und unsere Fähigkeit zu Glück und Erregung.

„Und es wird nichts Verfluchtes mehr sein. Und der Thron Gottes und des Lammes wird in der Stadt sein, und seine Knechte werden ihm dienen“ (Offb 22,3). Diener haben Dinge zu tun, an Orte zu gehen und Menschen zu treffen. Unsere häufigsten alltäglichen Aktivitäten werden Anbetung sein, unterbrochen von der Freude, sich der Menge anzuschließen, um ihn zu preisen.

1. Korinther 10,31 wird genauso für die Ewigkeit gelten wie heute: „Ob ihr nun esst oder trinkt oder was ihr auch tut, das tut alles zu Gottes Ehre.“ Wir können Gott jetzt anbeten, indem wir arbeiten, malen, spielen, lesen, schreiben und jede andere unschuldige Tätigkeit genießen. Wie viel mehr auf einer neuen Erde, in der Gerechtigkeit herrscht?

7. Wir werden nicht mehr wir selbst sein oder uns nicht mehr an unser früheres Leben erinnern

Die Vorstellung, dass wir im Himmel unsere Identität verlieren werden, ist hinduistisch, nicht christlich. Die Auferstehung wird uns für immer als verherrlichte menschliche Individuen wiederherstellen.

„Die Vorstellung, dass wir im Himmel unsere Identität verlieren werden, ist hinduistisch, nicht christlich.“
 

Die Auferstehung Christi ist unser Prototyp. Er verkündete: „Ich bin’s selber“ (Luk 24,39). Als Thomas „mein Herr und mein Gott” sagte, wusste er, dass er mit dem gleichen Jesus sprach, mit dem er jahrelang gelebt hatte. Hiob erklärte: „Nachdem meine Haut noch so zerschlagen ist, werde ich doch in meinem Fleisch Gott sehen. Ich selbst werde ihn sehen” (Hiob 19,26–27).

Du wirst du im Himmel sein. Wer solltest du sonst sein? Da wir Rechenschaft über unser Leben auf der Erde ablegen werden, müssen wir wir selbst bleiben, und unsere Erinnerungen müssen besser sein, nicht schlechter. Die Schrift gibt keinen Hinweis darauf, dass die Erinnerungen gelöscht werden, so dass wir Familie und Freunde nicht mehr erkennen. Wenn wir unsere Lieben nicht kennen würden, wäre der Trost eines Wiedersehens nach dem Leben, wie es in 1. Thessalonicher 4,14–18 gelehrt wird, wirklich kein Trost.

8. Der Himmel wird ein geistiges Reich ohne menschliche Kultur sein

Ein Professor einer Bibelschule nahm Anstoß an meiner Idee, Kultur – einschließlich Erfindungen, Konzerten, Theater und Sport – werde wahrscheinlich Teil der neuen Erde sein. Aber wenn wir Gottes auferstandene Ebenbilder sein werden, die auf einer wiederhergestellten Erde leben, warum sollten sie es dann nicht sein?

Wir sehen, dass der Himmel eine Stadt ist (Heb 11,10; 13,1). In Städten gibt es Gebäude, Kunst, Musik, Handel, Wissenschaft und Technologie. Und natürlich leben in Städten Menschen, die sich versammeln, miteinander reden, arbeiten und spielen. Der Himmel ist auch ein Land (Heb 11,16). Länder haben Land, Tiere, Herrscher und Bürger, die sowohl unterschiedlich als auch miteinander vereint sind. Es heißt, „die Könige der Erde werden ihre Herrlichkeit in das neue Jerusalem bringen“ (Offb 21,24).

Kultur ist das natürliche, von Gott gewollte Produkt seiner Berufung, dass die Menschheit über die Schöpfung herrschen soll. Wenn wir der Lehre der Heiligen Schrift glauben, dass die Menschheit und die Erde in physischer Form existieren werden, wovon die gesamte Auferstehungslehre ausgeht, dann muss die Kultur weiter bestehen. Wie könnte sie das nicht?

Das Beste kommt noch

Da die Auferstehung auf Gottes Kinder wartet, haben wir den Höhepunkt unseres Glücks noch nicht überschritten und werden ihn auch nie erreichen. Wir müssen keine Wunschlisten von Dingen erstellen, die wir vor unserem Tod noch erledigen wollen, denn unsere Abenteuer im neuen Universum werden die heutigen weit übertreffen. Wir werden wirklich ewig glücklich sein. Das ist kein Wunschdenken. Es ist das mit Blut erkaufte Versprechen Jesu.

Wir sollten uns täglich auf eine Welt ohne Böses, Leiden und Tod freuen, in der Gott mit uns leben und unsere Tränen für immer abwischen wird (Offb 21,4). Die Erwartung der herrlichen Realitäten der wiederhergestellten Erde hat atemberaubende Auswirkungen auf unser gegenwärtiges Glück und unser Gespür für die umfassende Bedeutung der Botschaft des Evangeliums.

Lasst uns jetzt von den Freuden des Himmels leben, unbiblische und wertlose Ansichten über den Himmel über Bord werfen und daran glauben, dass das Beste wirklich noch kommt.