Die Schriftlesung im Gottesdienst

Artikel von Erik Raymond
26. Juni 2020 — 6 Min Lesedauer

Ich bin davon überzeugt, dass die öffentliche Schriftlesung ein wichtiger Teil unserer Gottesdienste ist, der zu oft übersehen wird. Wir verbringen eine ganze Menge Zeit damit, Predigten, Gebete und die Musik für unsere Zusammenkünfte vorzubereiten, aber die Schriftlesung wird oft auf etwas Mechanisches reduziert. Wie bei den meisten Dingen, die wir tun, könnten wir mit etwas Aufmerksamkeit die Art und Weise, wie wir die Bibel in unseren Gemeinden lesen, ein wenig verbessern.

Im Folgenden teile ich ein paar Gedanken, die ich entwickelt habe, um die Vorbereitung auf und die konkrete Umsetzung der Schriftlesung in unserer Gemeinde zu standardisieren. Ich bin mir bewusst, dass unser Kontext und unsere Tradition sich von deinem Hintergrund unterscheiden können, lies also ruhig über Präferenz- oder Traditionsunterschiede hinweg. Sollte etwas Nützliches für dich dabei sein, dann hat sich der Beitrag gelohnt. Danke fürs Lesen.

Was lesen wir?

„Wenn wir möchten, dass die Lesung des Wortes Gottes die Aufmerksamkeit der Zuhörer hat, dann muss sie die Aufmerksamkeit des Lesers haben. Du liest das Wort Gottes!“

 

Denke daran, dass es das Wort Gottes ist, das du liest. Das ist etwas ganz anderes als das Lesen irgendeines anderen Buches – oder irgendeines anderen Wortes! Es handelt sich um die heiligen, gott-geatmeten Worte des allmächtigen Gottes (2Tim 3,16). Die Bibel ist unfehlbar, irrtumslos und vollkommen autoritativ. Sie hat die Kraft lebendig zu machen, neu zu machen, zu überführen, zu trösten und ewige Freude zu schenken. Wenn wir möchten, dass die Lesung des Wortes Gottes die Aufmerksamkeit der Zuhörer hat, dann muss sie die Aufmerksamkeit des Lesers haben. Du liest das Wort Gottes!

Warum lesen wir?

Wir lesen die Bibel, weil Gott möchte, dass seine Leute, wenn sie zusammenkommen, das Lesen der Schrift priorisieren (1Tim 4,13). Wenn die Bibel gelesen wird, redet Gott. Tatsächlich ist das der einzig vollkommene Teil unseres Gottesdienstes! Wir lesen Gottes vollkommenes Wort. Und indem wir das tun, lieben wir Gott und den Nächsten. Die Entfaltung von Gottes Wort bringt Licht (Ps 119,130). Es gibt einen einfachen Grund, warum wir lesen: um die Predigt des Wortes vorzubereiten. Es gibt aber noch eine tiefer zugrundliegende Ursache: weil Gott durch uns verherrlicht wird, wenn wir es in unserer Versammlung lesen.

Wie sollten wir uns vorbereiten?

Während der Woche

Bete. Bevor du am Sonntag aus der Bibel vorliest, solltest du Zeit damit verbringen, die Passage durchzubeten. Erleuchtung, Verständnis und Freude kommen von Gott. Er gibt uns diese Gaben durch den Heiligen Geist (Eph 1,18; Ps 119,18; 90,14; 86,11). Bitte Gott, dir die Wahrheit und Schönheit der Passage ins Herz zu drücken.

Verstehe. Du wirst der Versammlung besser dienen, wenn du verstehst, worum es in der Passage geht. Arbeite daran, sie zu verstehen. Das kann bedeuten, dass du auf Ressourcen wie eine Studienbibel zurückgreifst (die ESV Study Bible, die NIV Biblical Theology Study Bible oder die Reformations-Studien-Bibel sind hilfreiche Optionen) oder deinem Pastor eine Email schickst.

Übe. Du solltest es dir einplanen, die Lesung täglich zu üben. Während dieser Übungsversuche solltest du laut lesen (da du die Passage am Sonntag ja auch laut lesen wirst). Du solltest dein Bestes geben, nicht über Wörter zu stolpern oder sie falsch auszusprechen. Wenn du auf schwierige Wörter stößt, bei denen du dir nicht sicher bist, wie man sie aussprechen soll, höre dir eine Audio-Bibel an, um dir die richtige Aussprache anzueignen. Viellicht findest du es auch hilfreich, jemand um Feedback zu deinen Übungsversuchen während der Woche zu bitten.

Sonntagmorgen

Angemessene Kleidung. Denke daran, dass du vor der Versammlung stehen wirst, um die Bibel zu lesen. Natürlich sollst nicht du da der Fokus sein, auf den sich alle Aufmerksamkeit richtet; es ist also wichtig, dass du dich nicht auf eine Art und Weise kleidest, die Aufmerksamkeit auf dich zieht. Kleide dich in einer anständigen Art und Weise, die sich an akzeptierter legerer Geschäftskleidung orientiert.

Trinken. Wenn wir nervös sind, wird unser Mund oft trocken. Kombinierst du das mit Kaffee, wirst du wahrscheinlich einen sehr trockenen Mund haben, wenn du zum Lesen nach vorne kommst. Du kannst dem vorbeugen, indem du Wasser trinkst und Kaffee und Tee reduzierst.

Lesezeichen. Wenn du am Sonntagmorgen die Lesung noch einmal übst, markiere die Passage mit einem Lesezeichen, damit du sie parat hast, wenn du nach vorne gehst, um sie zu lesen.

Gebet. Du solltest an jedem Sonntagmorgen für unsere Zusammenkunft beten, insbesondere aber in der Woche, in der du die Schriftlesung übernimmst. Denke auch daran, schon um 09:45 Uhr im hinteren Konferenzraum zum Gebet vor dem Gottesdienst zu erscheinen, wo wir den Ablauf des Gottesdienstes durchgehen.

Wie sollten wir lesen?

Gib die Bibelstelle an und nenne auch die Seitenzahl für die Bibel in den Sitzreihen. Du kannst dich ungefähr so ausdrücken: „Die Schriftlesung heute Morgen findet sich in 3. Mose Kapitel 1. Sie finden diese auf Seite 81 der Bibel in der Reihe vor Ihnen“.

Lass den Leuten genug Zeit, die Stelle aufzuschlagen (volle 20 Sekunden).

Wiederhole die Bibelstelle. ****„3. Mose Kapitel 1“.

Beginne mit der Lesung, nachdem du etwas wie „Hört das Wort des Herrn“ oder „Lasst uns das Wort Gottes hören“ gesagt hast.

Achte auf dein Tempo. Wenn wir nervös sind, neigen wir dazu, schneller zu werden. Du solltest in einem vernünftigen Tempo lesen, das den Leuten die Zeit gibt, das Wort zu hören und darüber nachzudenken.

Gebrauche deinen Finger. Es ist sehr hilfreich, den Finger beim Lesen unter den Wörtern mitzuführen. Es hilft dir, ein gutes Tempo beizubehalten und bewahrt davor, im Text herumzuspringen.

Beachte Satzzeichen. Halte inne an Punkten und lass Kommas dein Tempo unterbrechen.

Achte auf deinen Ton.

Achte auf den Kontext. Wenn du eine Passage wir Jakobus 5,1–6 liest, solltest du einen nüchternen Ton haben. Es wäre unangemessen, eine Gemütslage anzunehmen, die dem Text nicht entspricht. Ebenso sollte man eine Passage wie Johannes 1 nicht so lesen, als würde man schlechte Nachrichten verkünden. Die Menschwerdung sollte Freude hervorbringen. Wenn du den Tadel eines Propheten oder einen Dialog zwischen Jesus und den Pharisäern liest, sollte das nicht so klingen, wie wenn du Anweisungen für den Bau der Stiftshütte oder ein Geschlechtsregister liest.

Lies mit Gefühl. Du solltest mit einem Ausdruck in deiner Stimme lesen, der die Passage reflektiert.

Aber nicht zu viel Gefühl. Du solltest es vermeiden, dein Lesen in eine dramatische Aufführung zu verwandeln.

Gebrauche nicht eine „Predigerstimme“. Denke daran, dass du versuchst, die Aufmerksamkeit auf die Bibel zu richten, nicht auf dich. Das ist nicht der Zeitpunkt, deine John Piper-Stimme oder andere Lieblingsbewegungen auszuprobieren.

Achte darauf, keine Wörter zu verschlucken. Manchmal neigen wir dazu, zu Satzenden hin leiser zu werden und unsere Wörter zu „verschlucken“. In Alltagsunterhaltungen erschwert es das Hören und Verstehen. An einem Sonntagmorgen werden die Leute deine Wörter gänzlich verpassen. Sprich jedes Wort aus und folge den Satzzeichen.

Wenn du abschließt, sage etwas wie: „Das ist das Wort Gottes“ oder „Möge Gott die Lesung seines Wortes segnen“.