Welche Bedeutung hat die Trinität Gottes?

10 Gründe, über die Dreieinigkeit zu staunen

Artikel von Kai Soltau
20. Februar 2020 — 21 Min Lesedauer

„Es sind drei Personen in dem einen wahren und lebendigen Gott: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Diese drei sind eins im Wesen und gleich in Macht und Herrlichkeit.“ (Frage # 3; New City Katechismus)

In seinem empfehlenswerten Buch Delighting in the Trinity (InterVarsityPress, 2012) beschreibt Michael Reeves, was für einen Unterschied es macht, dass der eine wahre und lebendige Gott in drei Personen existiert und kein Ein-Personen-Gott ist. Was in diesem Artikel folgt, ist eine Zusammenfassung von Reeves hervorragender Erklärung der Dreieinigkeit. Der Einfachheit halber ist diese Zusammenfassung in 10 Gründe gegliedert, warum die Dreieinigkeit uns ins Staunen versetzen sollte, wobei es sicherlich noch viele weitere Punkte gäbe.

1. Die Dreieinigkeit zeigt, dass Gott in seinem tiefsten Wesen Liebe ist

Gott ist Liebe (vgl. 1Joh 4,7–8) und das, weil er ein dreieiniger Gott ist. Denn wäre er kein dreieiniger Gott, dann hätte er, bevor er die Welt geschaffen hatte, nichts zu lieben gehabt. Er hätte erst mit der Schöpfung seiner Geschöpfe überhaupt anfangen können zu lieben. Aber so wie er sich uns in der Bibel offenbart hat, existiert er seit Ewigkeit her in drei Personen, die sich von Ewigkeit her untereinander geliebt haben. Somit liebt Gott nicht nur — Er ist nicht nur lediglich in der Lage Liebe zu zeigen—sondern er ist die Liebe. Er kann niemals nicht lieben! Von Ewigkeit her ist Liebe das, was ihn auszeichnet.

Das unterscheidet den Gott der Bibel auch so radikal von dem Gott, den der Koran beschreibt. Allah kann nicht (von Ewigkeit her) Liebe sein—auch wenn „Der Liebende (Al-Wadood)“ einer seiner neunundneunzig Namen ist. Er kann nicht in seinem tiefsten Wesen Liebe sein wie der Gott der Bibel. Denn um zu lieben, ist Allah auf seine Schöpfung angewiesen. Der Gott der Bibel jedoch nicht. Wäre der Gott, den die Bibel offenbart, nicht dreieinig, dann könnte auch er nicht ohne die Schöpfung er selbst sein—d.h. Liebe sein.

2. Die Schöpfung ist eine Ausweitung seiner "innertrinitarischen" Liebe auf die Schöpfung

Seit Ewigkeit her existiert Gott in drei Personen, die in einer liebevollen Beziehung zueinander stehen. Weil Gott, der Vater, ewiglich seinen Sohn geliebt hat, ist es seinem Wesen entsprechend, auch andere zu schaffen, um sie zu lieben und mit ihnen in einer Beziehung zu stehen.

Jesus wird somit zur Logik für die Schöpfung. Der Sohn erfreut sich an der Liebe des Vaters, so wie auch der Vater sich an seinem Sohn entzückt (vgl. Joh 17,22–24). Dabei ist die Schöpfung die Ausweitung dieser Liebe Gott, des Vaters, für seinen Sohn. Auch die Welt soll sich an seiner Liebe erfreuen und sich an der Herrlichkeit des Sohnes entzücken (Joh 17,22–26).

Die Schöpfung — genauso wie unsere Errettung — dient somit dem großen Ziel, dass Gott, der Vater, den Menschen in seine Liebe für den Sohn mit einbezieht! Wie Reeves erläutert:

“[Der Vater] hat sich schon immer daran erfreut, seine Liebe über den Sohn auszugießen. Und in der Schöpfung erfreut er sich nun daran, sie über seine Kinder auszugießen, die er durch seinen Sohn liebt.“ (S. 43)

Der Überfluss der Liebe für seinen Sohn hat den Vater dazu bewogen, die Menschheit zu schaffen. Die Schöpfung ist ein Geschenk des Vaters an den Sohn (vgl. Joh 17,24). Die Schöpfung ist zwar von diesem großen Ziel abgefallen, aber in dem Heilswerk des dreieinigen Gottes wird dieses Geschenk des Vaters an den Sohn erneut verwirklicht und zur Vollendung gebracht, wie wir weiter unten sehen werden.

3. Die Tatsache der Dreieinigkeit bedeutet, dass Gott nicht auf den Menschen angewiesen ist

Aus den beiden ersten Punkten resultiert, dass der dreieinige Gott die Schöpfung nicht nötig hat, um zufrieden oder erfüllt zu sein. Seit Ewigkeit her erfreut sich der Vater vollkommen und vollständig am Sohn und am Heiligen Geist (und andersherum); genauso ist es mit der Liebe zwischen den Personen der Dreieinigkeit. Gott ist somit in seiner Herrlichkeit auch nicht auf den Lobpreis, die Anbetung oder die Wertschätzung seiner Geschöpfe angewiesen (vgl. Joh 17,22).

Die Dreieinigkeit bringt mit sich, dass in der Beziehung des Vaters zu seinem Sohn und dem Heiligen Geist seine Herrlichkeit erstrahlt. Wie Heb 1,3 bezeugt ist der Sohn die „Ausstrahlung seiner [d.h. des Vaters] Herrlichkeit und [der] Abdruck seines Wesens“. Das macht die Dreieinigkeit zur Quelle aller Schönheit und Herrlichkeit. Wie Reeves ganz richtig beobachtet:

„In der lebendigen Harmonie der drei Personen, der strahlenden Liebe, der überfließenden Güte dieses Gottes liegt eine Schönheit, die im absoluten Widerspruch zu der selbstdienenden Monotonie einer Ein-Personen-Gottheit steht.“ (S. 61)

Aus dem Wesen Seiner Liebe heraus—wir könnten vielleicht sogar sagen „Extrovertiertheit“ — hat Gott also die Welt in all ihrer Schönheit, Herrlichkeit und Vielfältigkeit geschaffen. Nicht um auf Grund einer wohlmöglichen Einsamkeit etwas zu bekommen, sondern um aus seinem Überfluss heraus etwas zu geben.

„Nicht um auf Grund einer wohlmöglichen Einsamkeit etwas zu bekommen, sondern um aus seinem Überfluss heraus etwas zu geben.“

 

Die Dreieinigkeit bedeutet somit, dass wir geschaffen wurden, um uns als diejenigen an ihm zu erfreuen, die die Liebe des dreieinigen Gottes erlebt haben, und ihn als den Schöpfer und Herrn der Welt zu lieben. Wir lieben diesen Gott mit einer Liebe, die durch seine Liebe angespornt wird, statt mit einer Liebe, die ein ansonsten ungeliebter, einsamer Gott von uns fordert und auf die er angewiesen ist. Er braucht unsere Liebe und Anbetung nicht, aber sie ist die einzige logische Reaktion auf die Liebe und Herrlichkeit, die er ausstrahlt.

4. In der Dreieinigkeit zeigt sich, wie grundsätzlich sich Gott von dem Teufel und der menschlichen Gottesvorstellung unterscheidet

Ihn als unseren Schöpfer zu lieben ist eng damit verbunden, dass das höchste Ziel unserer Existenz die Verherrlichung des dreieinigen Gottes ist. Die drei Personen Gottes haben sich seit Ewigkeit her gegenseitig verherrlicht und wir Menschen sind geschaffen, um in diese inner-trinitarische Verherrlichung Gottes mit einzustimmen.

Gottes großes Ziel in der Schöpfung ist somit er selbst. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht so, als ob Gott sich hierin nicht von dem Teufel oder auch von so mancher menschlichen Gottesvorstellung unterscheidet: Ein Wesen, dass seine Geschöpfe in seiner Selbstverherrlichung aussaugt und ausnutzt.

Aber Reeves sieht in Gottes dreieinigem Wesen den entscheidenden Unterschied zum teuflischen Wesen:

„Die Tragödie ist, dass so viele denken, dass der lebendige Gott hier der teuflische ist. Als ob er uns einfach geschaffen hat, um zu bekommen, zu fordern und von uns zu erhalten, was er möchte. Aber der Gegensatz zwischen dem Teufel und dem dreieinigen Gott könnte kaum krasser sein: Ersterer ist leer, hungrig, habsüchtig, neidisch; der Zweite ist überreichlich, großzügig, strahlend und selbst-gebend.“ (S. 46f.)

Gott sprudelt nur so über an Liebe und Leben und hat deshalb die Welt geschaffen. Der Heilige Geist belebt und erfrischt. Er freut sich, seine Schöpfung und seine Geschöpfe lebendig und fruchtbar zu machen. Aus diesem Überfluss heraus stimmen wir in die Verherrlichung des dreieinigen Gottes ein!

5. Die Dreieinigkeit beweist, dass Gott der Vater in seinem Wesen ein liebevoller Vater und kein Diktator oder gar Sadist ist

Reeves zitiert in seinem Buch aus einem Interview mit Christopher Hitchens — einer der Leitfiguren des Neuen Atheismus. In diesem Interview schildert Hitchens seine Vorstellung von Gott und seine Bedenken über Gott, die diese mit sich bringen:

„Ich denke, es wäre furchtbar, wenn es wahr wäre. Wenn es eine permanente, totale, rund-um-die-Uhr, göttliche Überwachung und Aufsichtsführung über alles gäbe, was du tust, dann würde es nie einen Moment geben, in dem du nicht von einem himmlischen Wesen Moment für Moment beobachtet oder kontrolliert oder überwacht wirst, von dem Moment deiner Geburt bis zu dem Moment deines Todes. . . . Es wäre so wie ein Leben in Nordkorea.“ (S. 109)

Aber der dreieinige Gott offenbart sich in seiner Personen des Vaters nicht als übler Diktator sondern als liebevoller Vater. Seit Ewigkeit her hat Gott, der Vater, den Sohn, geliebt. Er ist mehr als nur ein Schöpfer, der über seine Schöpfung wacht — er ist Vater! Wir haben keinen einsamen Gott, der seine üblen Spielchen mit seinen Geschöpfen treibt; wir haben einen vollkommen zufriedenen und glücklichen Vater, der sich daran erfreut, die Liebe, die er für seinen Sohn hat, auf seine Geschöpfe (insbesondere die Erlösten) auszuweiten.

6. Angesichts der Dreieinigkeit wird das volle Ausmaß der menschlichen Sündhaftigkeit aufgedeckt

Nun lässt sich aber genau an dieser liebevollen und selbst-gebenden Ausweitung der Liebe des Vaters zu seinem Sohn auf seine Geschöpfe festmachen, worin denn eigentlich die Sünde des Menschen liegt. Denn wenn wir das dreieinige Wesen Gottes vor Augen haben, dann erkennen wir, dass Sünde sehr viel mehr als lediglich ein Fehlverhalten und unrechtmäßiges Handeln des Menschen ist. Es geht um mehr als ein Versagen, den Gesetzen und Vorstellungen Gottes entsprechend zu leben—auch wenn natürlich Johannes im Neuen Testament Sünde als Gesetzesübertretung bezeichnet (1Joh 3,4).

Unsere bisherige Betrachtung der Dreieinigkeit hat aufgezeigt, dass sich Gott in seinem dreieinigen Wesen als absolut liebenswürdig und als Objekt der äußersten Freude erweist. Der Mensch ist geschaffen, sich an dem dreieinigen Gott und seiner harmonischen Beziehung zu ihm zu erfreuen. Und hierin erweist sich nun auch das Wesen der menschlichen Sünde: Die Sünde des Menschen liegt letztendlich darin, dass er seine Liebe von dem absolut liebenswürdigen Gott abwendet und jemandem oder etwas anderem zuwendet.

Wir können Sünde somit wie folgt definieren: der Mensch, der dazu geschaffen wurde, sich an der Schönheit Gottes zu erfreuen, hat sich von ihm abgewandt, um sich an einer minderwertigen Sache zu erfreuen. Oder anders ausgedrückt: Gott ist in seiner inner-trinitarischen Beziehung ein nach außen gewandter Gott—also ein sich selbst-gebender statt nehmender oder egozentrischer Gott. Und dementsprechend hat Gott auch den Menschen dazu geschaffen, „nach außen gewandt“ zu leben—also „gebend“ statt „nehmend“.

Der Mensch ist aber seit dem Sündenfall—wie Augustinus und Luther es ausdrücken—tief in seinem Wesen „omnia incurvata“: "jegliches Seelenvermögen des Menschen ist gekrümmt und nach innen gebogen, sodass der Mensch unwissentlich an Gott und sogar an der ganzen Schöpfung nur das sucht, was ihm selbst gefällt." (Jack, E. Brush, Glauben als Ereignis: Selbst, Kraft, Zeit, Leben: zwischen Theologie und Naturwissenschaft (Münster: LIT Verlag Münster), S. 34)

Die Sündhaftigkeit des Menschen liegt somit darin, dass er „gekrümmt und nach innen gebogen“ lebt statt nach aussen — so wie Gott es ist. Damit spiegelt der Mensch nicht länger das Wesen des dreieinigen Gottes wider und lebt nicht länger dafür, wozu ihn Gott geschaffen hat.

7. Die Dreieinigkeit macht das Kreuz erst zu einer guten Nachricht

Die froh-machende und gute Nachricht (d.h. Evangelium) der Bibel ist, dass Gott den Menschen nicht der Sünde und seinem gefallenen Zustand des „gekrümmt und nach innen gebogen“ Seins überlassen hat. Stattdessen hat der sich selbst-gebende, nach „aussen gewölbte“, dreieinige Gott seinem überfließenden Wesen entsprechend alles Nötige getan, um den Menschen wieder zu sich zurückzubringen und erneut auf sich und seine Herrlichkeit auszurichten — ihn nach außen zu wölben. Der sich selbst-gebende Gott hat sich dem Menschen gegeben, um ihn zu erretten (vgl. Joh 3,16).

Nur als dreieiniger Gott konnte er dies bewerkstelligen. Das menschliche Verbrechen ist, dass der Mensch sich von Gott abgewandt und ihm damit den Ruhm gestohlen hat. Dieses Verbrechen muss irgendwie gesühnt werden, damit es vergeben werden kann. Der Mensch kann niemals selbst für dieses Verbrechen sühnen und so selbst zu Gott zurückfinden. Denn darin würde sich ja nur noch das Problem verschlimmern, dass der Menschen nach „innen gekrümmt“ handelt; er würde dadurch Gott noch mehr Ehre und Ruhm stehlen, weil er dabei auf sich selbst gerichtet die Lösung seines Sündenproblems sucht und findet.

Ebenso hätte der dreieinige Gott auch keine dritte Partie zur Erlösung und Sühnung der menschlichen Sünde senden können. Denn auch so hätte der allein ehrwürdige Gott seine Ehre mit jemand oder etwas anderem teilen müssen.

Wenn Gott also nicht in drei Personen existieren würde — es also keinen Sohn und Heiligen Geist gäbe — dann hätte Gott niemanden zur stellvertretenden Sühnung der Sünde des Menschen senden können und dieses Heil dem Menschen zukommen lassen, ohne dabei an Ehre und Ruhm einzubüßen. Aber in den drei Personen seines Wesens — als Vater, Sohn und Heiliger Geist — bewirkt er allein das Heil und gibt sich so selbst allein die Ehre und den Ruhm. Die drei Personen Gottes erfreuen sich aneinander über dieses Heilswerk und der Mensch stimmt in diese Ehrerbietung mit ein.

In dieser sich selbst verherrlichenden Hingabe wird das Ausmaß der göttlichen Liebe für den Menschen erst richtig deutlich. In Gottes Reaktion auf und Umgang mit der menschlichen Sünde zeigt sich die vollkommene Tiefe seiner Liebe. Ohne das Kreuz könnten wir Menschen uns nie das vollkommene Maß der Liebe Gottes vorstellen. Erst angesichts des dreieinigen Wesens Gottes wird deutlich, dass die Liebe am Kreuz nicht auf Notwendigkeit beruhte. Das Kreuz ist nichts anderes als das absolute Übermaß der göttlichen Liebe und der Überfluss seiner Gnade, durch die der dreieinige Gott sich selbst unendliche Ehre und Ruhm erweist.

8. Aus der Dreieinigkeit ergibt sich der wahre Zweck des menschlichen Heils

Aber angesichts der Dreieinigkeit wird nicht nur deutlich, wie großartig das Heil ist, das der dreieinige Gott für den Menschen bewirkt hat. Aus dem Wesen der Dreieinigkeit ergibt sich auch, was das große Ziel ist, das Gott in der Erlösung des Menschen bezweckt. Die Realität der Dreieinigkeit macht deutlich, dass der Mensch nicht nur erlöst wurde, um Gott wohlgefällig zu leben, sondern auch, um (endlich) aus inniger Liebe zu Gott zu leben, wie es das erste große Gebot uns gebietet (vgl. Deut 6,5; Mt 22,37).

Die Liebe, die der Vater ewiglich für seinen Sohn hatte, soll nun auch in den Erlösten sichtbar werden. Sie sind ein Geschenk des Vaters an den Sohn. Denn die Erlösten sollen sich jetzt an dem Sohn und dem Heil, das er für sie erworben hat, erfreuen, wie der Vater es seit Ewigkeit her getan hat. Reeves schreibt dazu:

„Der Vater erfreut sich so an seiner ewigen Liebe für den Sohn, dass er sich danach sehnt, diese mit allen zu teilen, die glauben werden. Letztendlich hat der Vater den Sohn gesandt, weil der Vater den Sohn so sehr liebt — und diese Liebe und Gemeinschaft teilen will. Seine Liebe für die Welt ist das Überfließen seiner allmächtigen Liebe für seinen Sohn.“ (S. 69-70)

In diesem Zusammenhang kommen wir nun auch noch mal explizit auf die Rolle des Heiligen Geistes zu sprechen. Der Heilige Geist haucht den Erlösten Leben ein (Röm 5,5) — das Leben, zu dem sie ursprünglich geschaffen wurden. Es ist ein Leben in Liebe zum dreieinigen Gott. Der Heilige Geist erleuchtet die Erlösten, damit sie die Liebe Gottes erkennen und diese dann auch erwidern.

Diese Gotteserkenntnis, mit der der Heilige Geist den Gläubigen erleuchtet, ist einerseits die Erkenntnis der Herrlichkeit Jesu Christi. Jesus Christus zu erkennen — und in Ihm den Vater — zeichnet letztendlich das Leben aus, das der Geist in dem Erlösten schafft. Durch den Heiligen Geist nimmt der Gläubige Teil an dem, was den Vater am meisten erfreut — das entzückt-Sein an seinem Sohn.

Wie wir bereits unter Punkt # 2 gesehen haben, war es seine überwältigende Liebe für den Sohn, die den Vater dazu bewogen hat, den Menschen zu schaffen. Das Ziel der Schöpfung war es, dass der Mensch Teil an Gottes großer Freude innerhalb der Dreieinigkeit haben sollte (vgl. Joh. 8, 42). Die Identität des Vaters liegt in seiner Liebe für seinen Sohn. Wenn der Gläubige somit ebenfalls den Sohn liebt und sich an ihm erfreut, dann spiegelt er damit wider, was den Vater am meisten auszeichnet. Und genau das ist der Hauptgrund, warum der Vater und der Sohn den Heiligen Geist ausgegossen haben. Der Heilige Geist schafft in uns eine Gott, dem Vater, ähnliche Freude an seinem Sohn Jesus Christus. Der Puritaner John Owen schrieb einmal, dass „hierin der Hauptteil unserer Gestaltung in sein Ebenbild liegt. Nichts macht uns Gott ähnlicher als unsere Liebe für Jesus Christus“ (zitiert bei Reeves, S. 94f.).

Aber der Heilige Geist schafft nicht nur eine Liebe in den Erlösten, die die Liebe des Vaters für seinen Sohn widerspiegelt. Durch den Heiligen Geist wird der Gläubige auch dem Sohn ähnlich gemacht. Und diese Ähnlichkeit mit dem Sohn liegt darin, dass wir als Gotteskinder — wie auch Jesus Christus, der Sohn—uns an dem Vater erfreuen. In unserer Liebe und Freude an dem Sohn zeigen wir somit eine Ähnlichkeit zu Gott dem Vater auf und in unserer Liebe und Freude an dem Vater eine Ähnlichkeit zu Gott dem Sohn. Das ist das glückliche, selige und herrliche Leben, in das der Heilige Geist uns hineinführt.

Die Liebe, die der Vater ewiglich für seinen Sohn und der Sohn für seinen Vater hatten, wird also durch das Wirken des Heiligen Geisten in den Erlösten sichtbar. Diese Liebe zeigt sich jedoch nicht nur in unserer Liebe für Gott, sondern auch in unserer Liebe für unseren Nächsten. Diese Liebe, „die der Heilige Geist in unsere Herzen ausgegossen hat“ (Röm 5,5), fließt in die Liebe für unseren Nächsten über. Die Liebe des Vaters ist, wie wir bereits in einigen der vorherigen Punkten gesehen haben, eine großzügige, überfließende und selbst-gebende Liebe. Und so fangen auch wir Erlösten durch das vom Heiligen Geist geschaffenen Leben an, zu lieben wie Gott liebt — mit einer großzügigen, überfließenden, selbst-gebenden Liebe für unseren Nächsten.

Somit liegt der Kern des christlichen Lebens und des Wirkens des Heiligen Geistes nicht darin, dass wir äußerlich mehr und mehr für Christus leisten, sondern dass wir in eine tiefere Liebe für und Freude an dem Vater und Sohn geführt werden, die sich wiederum in unserem Leben und Wirken widerspiegelt. Reeves bringt diesen Gedanken wie folgt auf den Punkt: „Der Geist des Vaters und des Sohnes würde niemals daran interessiert sein, uns lediglich zu ‚guten Werken’ zu befähigen. Sein Verlangen ist, uns zu solch' herzlichen Freude an Gott durch Christus zu bringen, dass wir uns daran freuen, ihn zu kennen, dass wir uns an all seinen Wegen erfreuen und dass wir deshalb das tun wollen, was er für uns will und den Gedanken Ihn jemals zu betrüben hassen“ (S. 102f.).

9. Die Dreieinigkeit zeigt das volle Ausmaß unseres Heils auf

Darin, dass der dreieinige Gott uns nun mit in seine Liebe hineinnimmt, liegt auch das volle Ausmaß unseres Heils. Der Vater teilte seine Herrlichkeit und Ehre mit niemand anderem als seinem geliebten Sohn. Der Vater teilte all seine Ehre, seine Liebe, seinen Segen, ja sich selbst exklusiv mit seinem Sohn. Aber dann sandte er seinen Sohn in die Welt! Er sandte seinen Sohn, um diese Fülle mit uns zu teilen: „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast“ (Joh 17,22). Das ist absolut erstaunlich!

Denn das bedeutet, dass der Vater nicht nur lediglich seinen Segen aus der Ferne über uns tröpfeln lässt und sich bezüglich unserer Erlösung auf Distanz hält und lediglich mitleidig bereit ist, zu vergeben. Nein, stattdessen gießt der Vater all seinen Segen über seinen Sohn aus und sendet diesen dann in die Welt, damit wir an seiner herrlichen Fülle Teil haben sollen. Der Vater liebt uns so sehr, dass er sich danach sehnt, uns mit hineinzunehmen in die liebevolle Gemeinschaft, die er mit seinem Sohn genießt (vgl. Joh 17, 22–24).

Je „trinitarischer“ unser Heil ist, je entzückender wird es uns! Denn in unserem Heil nimmt der Heilige Geist das, was des Sohnes ist und macht es uns zu eigen. Als der Heilige Geist bei seiner Taufe auf dem Sohn ruhte, hörte Jesus den Vater vom Himmel erklären: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“ (Mt 3,17). Aber jetzt ruht dieser Geist der Sohnschaft auf uns und dieselben Worte treffen auf uns Christen zu: wir sind seine geliebten Kinder, an denen er Wohlgefallen hat. In Christus sind wir adoptierte, geliebte und vom Geist gesalbte Söhne und Töchter Gottes. Weil Jesus sich nicht schämt, uns seine Brüder und Schwestern zu nennen (vgl. Heb 2,11), schämt sich auch sein Vater nicht, als unser Vater bekannt zu sein (vgl. Heb 11,16). Nichts könnte uns größere Zuversicht und Freude geben!

Wenn Gott nur ein Ein-Personen Gott wäre, würde unser Heil ganz anders aussehen. Denn es gäbe keine Gemeinschaft und Liebe, in die er uns mit hineinnehmen könnte. Es gäbe vielleicht einen Mittler. Aber es wäre ein Heil auf Distanz, das sich eher in Herrschaft und Bewahrung manifestiert als in inniger Gemeinschaft.

10. Die Dreieinigkeit bedeutet, dass wir aus dem Überfluss seiner Liebe heraus in die Welt gesandt sind

Nachdem wir nun angesichts der Dreieinigkeit Gottes das Wesen Gottes, das Ziel der Schöpfung sowie das Ziel und das Ausmaß unseres Heils betrachtet haben, können wir nun abschließend noch darauf aufbauend kurz das Sendungsverständnis und die Mission für uns Christen in der Welt betrachten.

Im „Hohepriesterlichen Gebet“ (Joh 17), auf das schon mehrmals verwiesen wurde, spricht Jesus immer wieder davon, dass er vom Vater gesandt wurde (V. 3. 8. 18. 21. 23. 25). Aber warum ist er diesem Auftrag gefolgt und in die Welt gekommen? Johannes 14,31 gibt uns die Antwort: „Damit aber die Welt erkennt, daß ich den Vater liebe und so handle, wie es mir der Vater geboten hat“. Der Sohn ist gegangen und hat dem Vater gehorcht — aus Liebe. Und warum hat der Vater den Sohn gesandt? Wie der bekannte Vers in Johannes 3,16 besagt: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn sandte.“ Aus Liebe zur Welt hat der Vater den Sohn gesandt. Aber er hat seinen Sohn auch aus Liebe zum Sohn selbst in die Welt gesandt, „damit die Welt erkenne, dass [der Vater] [den Sohn] gesandt ha[t] und sie lieb[t], gleichwie [der Vater] [den Sohn] lieb[t]“ (Joh 17,23). Der Vater und der Sohn wollten, dass ihre Liebe mit der Welt geteilt wird.

Mission ist somit mehr als eine Pflicht und ein Auftrag. Mission entspringt dem Überfluss der Liebe und hat zum Ziel, dass noch viele andere Menschen die Liebe und Gemeinschaft des dreieinigen Gottes erfahren und erleben. Mission zielt darauf ab, dass noch viele weitere Menschen zur Freude an Gott geführt werden. So wie der Vater den Sohn sandte, sendet der Sohn nun auch uns.

Und dazu rüstet er uns mit seinem Heiligen Geist aus (vgl. Apg 1,8). Der Heilige Geist führt uns tief in die Liebe des Vaters hinein und schenkt uns damit neues Leben. Und so befeuert uns die Freude an dem dreieinigen Gott mit einem Verlangen, diesen Gott in der Welt bekannt zu machen. Wie Reeves es auf den Punkt bringt:

„Die vom Geist bewirkte Freude über die Gemeinschaft, die zunehmende Liebe für den Vater und den Sohn — sie bewirken in uns ihre nach außen gerichtete Liebe für die Welt zu teilen. Wir werden zum dem, was wir anbeten.“ (S. 106)