Die schmerzhaften Folgen von Scheidungen

Eine Besprechung des Filmes „Marriage Story“

Artikel von Josh Panos
30. Dezember 2019 — 5 Min Lesedauer

„Scheidung“, erklärte mir meine Großmutter, „ist unnatürlich. Das ist so, wie wenn man Geschichte auslöscht“. Meine Großmutter hat diese Auslöschung am eigenen Leib erfahren – zwei ihrer fünf Kinder sind geschieden.

Unsere Gesellschaft hat versucht, Scheidung durch Gesetzesänderungen wie die Verkürzung von Trennungsphasen oder die Abschaffung des Schuldprinzips leichter und bequemer zu machen. Manche haben sogar versucht, den Schlag abzudämpfen, indem sie Scheidung als „bewusste Trennung“ (engl. „conscious uncoupling“) bezeichnen. Aber eine Ehe zu beenden wird niemals leicht oder einfach sein. Selbst wenn man sich in seinen Gründen vollkommen gerechtfertigt fühlt und selbst Jahre später die Entscheidung zur Trennung als gut empfindet, bleibt doch häufig ein bitterer Nachgeschmack. Und auch ganz ohne religiösen Rahmen, in dem die Ehe als Bund verstanden wird, markiert eine Scheidung immer das endgültige Ende einer Ära – und das ist keine kleine Sache. Es ist ein Grund zum Trauern. Das ist die These von Marriage Story, Noah Baumbachs neuem Film (auf Netflix verfügbar).

Persönliche Trauer

Marriage Story ist wohl der Höhepunkt von Noah Baumbachs Karriere als Filmemacher. Baumbach – ein New Yorker Autorenfilmer, der für seine introspektiven Filme über wortreiche, gebildete städtische Intellektuelle bekannt ist – verleiht allen seinen Projekten einen Lebensabschnittpathos. Sein erster Spielfilm, Kicking and Screaming (1995), zeigte die kulturelle Signifikanz eines postgraduierten Gen-X-Zynismus angesichts beruflicher Unzufriedenheit und den wachsenden Schmerzen des Erwachsenwerdens auf (dieselben Themen behandelt er 2012 auch in Frances Ha). In The Squid and the Whale (2005) blickt Baumbach auf den Einfluss der Scheidung seiner Eltern auf seine eigene Kindheit zurück. In Marriage Story reflektiert Baumbach seine eigene Ehe und die darauffolgende Scheidung von der Schauspielerin Jason Leigh. Versehen mit einem persönlichen und zärtlichen Touch führt Baumbach geschickt Regie und leitet das Schauspielensemble an, das Herzeleid und die emotionale Gewalt einer Scheidung darzustellen – etwas, das er, seine Eltern und Freunde alle erfahren haben.

Von Anfang bis zum Ende ist die Haltung des Films zur Scheidung eine der Ambivalenz und des Bedauerns. Das Drama von Marriage Story entfaltet sich langsam, so wie eine griechische Tragödie. Schon früh diskutiert das Paar, gespielt von Adam Driver und Scarlett Johansson, eine einvernehmliche Trennung. Später treffen sie sich dann mit ihren entsprechenden Anwälten, um eine Gewinnstrategie zu entwickeln. Schließlich packen sie wieder alte Fehler aus und schreien einander an, was wie eine Szene aus Who’s Afraid of Virginia Woolf? klingt. Am Ende ist es das Rechtssystem, das die beiden erst recht dazu ermutigt, sich hässlich gegeneinander zu verhalten.

Tragischerweise stehen im Zentrum des Kampfes nicht ihr Brooklyn-Apartment, Geld oder Möbel, sondern vor allem das Sorgerecht für ihren Sohn (Azhy Robertson), was uns daran erinnert, dass Scheidung immer eine Kettenreaktion auslöst, die über das Paar hinausgeht. Nachdem alle Papiere unterschrieben sind, lässt uns Marriage Story mit dem anhaltenden und unverkennbaren Gefühl zurück, dass Scheidung sowohl unnatürlich als auch nicht begehrenswert ist. Dem Publikum bleibt die Frage: War es das wirklich wert? Baumbach, ein geschiedener Mann und Kind geschiedener Eltern, erkennt, dass Scheidung nicht das Ideal ist.

Was Gott zusammengefügt hat

Christen sollte das alles natürlich nicht überraschen, schließlich betrachtet die Bibel Scheidung ja auch nicht mit Wohlwollen. Wir wissen, „es ist nicht gut, dass der Mensch alleine sei“ (Gen. 2,18) und dass Mann und Frau in der Ehe „ein Fleisch werden“ (Gen. 2,24; Mk. 10,8). Wir wissen, dass Scheidung nicht der Absicht Gottes entspricht. Moses Anordnungen in Sachen Scheidung erfolgen aufgrund des „Härte des Herzens“, wie Jesus erklärt (Mk. 10,5). Von Paulus wissen wir, dass Scheidung nicht einmal dann empfohlen ist, wenn wir mit einem ungläubigen Partner verheiratet sind (1. Kor. 7,13). Auch wenn die Bibel uns einige vernünftige Gründe für eine Scheidung gibt (z.B. Untreue, böswilliges Verlassen), rät uns die biblische Weisheit dringend dazu, eine Ehe, wenn immer es nur geht, zu erhalten. Scheidung fühlt sich unnatürlich an, weil sie tatsächlich unnatürlich ist. Sie ist eine Tragödie, was aufgrund der allgemeinen Gnade auch derjenige anerkennt, der dem Glauben völlig fernsteht. Aber für den Christen ist sie mehr als einfach nur eine Tragödie; sie ist eine gewaltsame Zerstörung, ein Auseinanderreißen einer „ein Fleisch“-Entität – so wie wenn ein Körperglied amputiert oder in zwei Teile gesägt wird. „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“, sagte Jesus (Mk. 10,9). Diese Worte sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.

„Es ist faszinierend, dass sowohl die Popkultur als auch die Weisheit der Bibel die Signifikanz der Ehe und die Tücken der Scheidung herausstellen.“

 

Es ist faszinierend, dass sowohl die Popkultur als auch die Weisheit der Bibel die Signifikanz der Ehe und die Tücken der Scheidung herausstellen. Ehe ist keine kleine Sache; sie ist heilig und metaphysisch und sie weist auf mysteriöse Weise über sich selbst hinaus; nämlich auf Gott selbst (Eph. 5,32). Es gibt keinen lockeren Weg, eine Ehe zu „entkoppeln“, genauso wenig wie man ein Körperteil abhacken und erwarten kann, dass es blutlos abläuft. Der Versuch, „was Gott zusammengefügt hat“ (Mk. 10,9) aufzulösen, ist so, als würde man einen Block Stahlbeton abtrennen und versuchen, ihn für einen anderen Zweck zu verwenden.

Es ist nicht relevant, wie sehr die Gesellschaft versucht, die Ehe kleinzureden, sie umzudefinieren oder den Prozess der Scheidung zu vereinfachen. Menschen werden immer instinktiv wissen, dass Ehe wichtig und Scheidung furchtbar ist. Diese Wahrheit finden wir in der Bibel, wir finden sie aber auch in den Büchern, die wir lesen, und den Filmen, die wir schauen. Wenn Filme wie Noah Baumbachs Marriage Story entstehen – die die Wichtigkeit der Ehe erfassen und das Trauma der Scheidung lebendig werden lassen –, sollten Christen das begrüßen. Auch wenn es hart ist, diesen Film zu schauen, bietet er doch eine notwendige, ernüchternde und unnachgiebige Sicht auf einen Schrecken, von dem die Gesellschaft versucht, den ihm innewohnenden Horror zu entkräften.