Bete anders

Artikel von R.C. Sproul
23. Oktober 2019 — 2 Min Lesedauer

Jesus sagte in Matthäus 6,7, dass wir das Gebet nicht als irgendeine Art magischer Beschwörung erachten sollen, denn so beten die Heiden. Sie rezitieren immer wieder bestimmte Phrasen, ohne zu verstehen, was die Worte bedeuten. In diesen Kontexten werden Gebete als Mantras gebraucht, mit der Hoffnung, dass sie die Umgebung oder die Umstände, in denen ein Mensch lebt, verändern. Das New-Age-Denken ist gefüllt von dieser Art von Dingen. Jesus lobte solche Übungen nicht als gottesfürchtige Formen des Gebets; stattdessen verknüpfte er den Gebrauch von sinnlosen Wiederholungen mit dem Heidentum.

Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört um ihrer vielen Worte willen. (Mt 6,7)

Christen können leicht in ein Muster des Betens verfallen, das dieser Art des Wiederholens entspricht, ohne ihren Verstand einzuschalten. Es ärgert mich manchmal, wenn Christen zu einem Essen zusammenkommen und der Gastgeber jemanden bittet, das Tischgebet zu sprechen. Oft ist dieses Tischgebet eine bloße Wiederholung statt ein Gebet, das aus dem Herzen kommt.

Wir können sogar das Vaterunser so behandeln. Das Vaterunser ist ein integraler Bestandteil der Anbetung zahlreicher Christen. Gottesdienste beinhalten oft die Rezitation des Vaterunsers. Der Gebrauch des Vaterunsers hat eine reiche Geschichte in der Kirche, und immer, wenn wir es beten oder hören, werden wir an die Prioritäten erinnert, die Jesus uns als Gebetsanliegen vorsetzt. Versteh mich nicht falsch – ich bin nicht gegen die Rezitation des Vaterunsers. Aber es besteht die Gefahr, dass dieser Gebrauch des Gebets nichts mehr ist als eine Rezitation. Das Sprechen des Vaterunsers kann genauso stupide und hohl sein wie die Wiederholung von magischen Beschwörungen und Mantras, die die Heiden gebrauchen.

Jesus gab uns nicht das Vaterunser mit der Absicht, dass es stupide wiederholt wird. Wenn wir das Vaterunser beten, müssen wir es mit Bedacht beten, und unseren Verstand auf seinen Inhalt richten. Es ist kein Mantra, das ohne den Einsatz des Verstandes und des Herzens wiederholt werden sollte. Es ist ein Beispiel für ein gottesfürchtiges Gebet.

Natürlich hat Wiederholung einen großen Wert. Ich habe oft gesagt, dass eine meiner liebsten Liturgien im Leben der Kirche die traditionelle Hochzeitszeremonie ist. Sie ist ein sehr kurzer Gottesdienst. Sie umfasst Versprechen, Aufforderungen und Gebete. Je öfter ich diese Liturgie selbst leite oder höre, desto mehr werde ich von ihrem Inhalt gesegnet. Das heißt: Je vertrauter ich mit der Sprache werde, desto mehr denke ich darüber nach und erkenne aufs Neue, wie reich sie ist, indem sie uns die Heiligkeit der Ehe beschreibt. Genauso ist es mit dem Vaterunser. Es immer wieder zu hören, kann zu stupider Wiederholung führen, aber es kann diese Worte und die zugrundeliegenden Prinzipien auch in unseren Verstand einbrennen. Wiederholung an sich ist nichts Schlechtes. Sie ist sogar einer der wichtigsten Bestandteile des Lernens, denn es gibt kaum einen Menschen, der ein Konzept oder Prinzip beim ersten Hören versteht.