Bei Gemeindegründung geht es um mehr als Evangelisation
Als wir unsere Gemeinde gründeten, mussten wir „Gemeindegründung“ für fast jeden definieren, mit dem wir redeten. Heutzutage ist Gemeindegründung so bekannt, dass der Begriff mit einer Menge von Konnotationen, Assoziationen und Stereotypen belegt ist – manche zutreffend und manche nicht.
Viele stellen sich praktisch veranlagte Teams voller leidenschaftlicher Menschen vor, die aus Liebe zu Gott ihr Leben einsetzen, um an einen anderen Teil des Landes oder der Welt zu ziehen, damit sie das Evangelium dort verkündigen, wo es gebraucht, aber noch nicht sehr bekannt ist.
„Gemeindegründung hat genauso mit Jüngerschaft zu tun wie mit Evangelisation.“
Es ist wunderbar, dass wir Evangelisation mit Gemeindegründung assoziieren. Ein großer Teil der Welt muss immer noch von Jesus hören und Gemeindegründung bleibt das effektivste Mittel, um sie zu erreichen. (Wie ein Missiologe es ausdrückte: „Neue Gemeinden zu gründen, ist die effektivste Methode der Evangelisation unter dem Himmel.“) Ich bete, dass wir diese Verbindung nie aus den Augen verlieren.
Aber Evangelisation ist nicht alles, worum es bei der Gemeindegründung geht. Da jede Gemeinde eine sich selbst erhaltende Gemeinde werden will, umfasst Gemeindegründung notwendigerweise alles, wozu eine Gemeinde aufgerufen ist, es zu glauben, zu sein und zu tun. Und das bedeutet, dass Gemeindegründung genauso mit Jüngerschaft zu tun hat wie mit Evangelisation.
Die Unverzichtbarkeit von Jüngerschaft
Es sollte weder überraschend noch kontrovers sein, dass Jüngerschaft unverzichtbar ist für Gemeindegründung. Zunächst hat es Jesus befohlen. „So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker“, sagt er, „und lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe“ (Mt 28,19–20). Gemeindegründung ohne Jüngerschaft ist einfach keine Option.
Deshalb war Jüngerschaft ein zentraler Bestandteil der Gemeindegründungsbemühungen des Apostels Paulus. In jeder Stadt predigte er das Evangelium an Ungläubige, machte Jüngerschaft mit neuen Gläubigen und setzte dann aus den reifenden Gläubigen Älteste ein (vgl. Apg 14,21–23). Folglich bedingte Evangelisation Jüngerschaft, die wiederum Leiterschaftsentwicklung anregte. Alle drei sind ein Teil von Gemeindegründung.
„Die Reife in Christus ist nicht nur die gemeinschaftliche Berufung der Gemeinde; sie ist auch das Ziel jedes einzelnen Gläubigen.“
Schließlich ist die Gemeinde der Kontext, in dem Gottes Volk dazu befähigt wird, zur Reife in Christus heranzuwachsen (vgl. Eph 4,11–16). Diese Reife ist nicht nur die gemeinschaftliche Berufung der Gemeinde; sie ist auch das Ziel jedes einzelnen Gläubigen (vgl. Kol 1,28). Gemeindegründung bedeutet demnach genauso sehr „nach innen zu schauen“ wie „nach außen zu schauen“.
Aber das alles gilt genauso für etablierte Gemeinden wie für Gemeindegründungen. Was unterscheidet also Gemeindegründung? Die einzigartigen Möglichkeiten für Jüngerschaft, die mit diesem Werk einhergehen.
Jüngerschaft davor
Als Prozess hat Gemeindegründung ein davor, ein während und ein danach – alle drei Phasen bieten einzigartige Anlässe für Jüngerschaft. Bevor wir zum Beispiel unsere Gemeinde gründeten, machten wir mit unserem Team Jüngerschaft, indem wir ein paar grundlegende Themen in Verbindung mit Gemeindegründung ansprachen.
Wir versuchten, das Evangelium anzuwenden auf die Herausforderungen, die damit einhergehen, in eine neue Stadt zu ziehen. Wir sprachen Befürchtungen in Bezug auf das Zurücklassen des Komforts und der Sicherheit unserer Heimat an. Wir versuchten, versteckte Vorurteile aufzudecken und anzusprechen. Wir predigten das vollbrachte Werk Jesu als sowohl unsere Motivation für Evangelisation als auch unseren Trost angesichts potenzieller Entmutigung. Die Vorbereitung auf eine Gemeindegründung brachte all diese Themen im Leben der Leute ans Licht, die sonst möglicherweise niemals gezwungen gewesen wären, sich ihnen zu stellen.
Jüngerschaft während
Während der ersten Jahre unserer Gründung nahmen Möglichkeiten für Jüngerschaft weiter zu. Wir besaßen zunächst kein Gebäude, also mussten wir jede Woche für den Gottesdienst auf- und abbauen. Im Sommer bedeutete das, in der Hitze einen Laster zu beladen; im Winter musste man Metallstühle entladen, die so kalt waren, dass einem die Hände froren. Es war in hohem Maße heiligend.
Und was soll ich noch sagen? Die Zeit würde mir ja fehlen, wenn ich von den ganzen anderen Möglichkeiten zum Wachstum durch Dienste erzählen würde, von Kindergottesdienstmitarbeitern über Freiwillige in Projekten im Stadtteil bis hin zum immerwährenden Bedürfnis nach neuen Kleingruppenleitern. Ohne diese Herausforderungen des Gemeindegründens wären viele unserer Mitglieder niemals die treuen Diener und reifen Leiter geworden, die sie heute sind.
Jüngerschaft danach
„Auf diese Weise kann jedes ‚danach‘ einer Gemeinde-gründung der Anfang eines ‚davors‘ für eine andere Gründung werden.“
Schließlich schafft Gemeindegründung Möglichkeiten für Jüngerschaft selbst nachdem die Gründung eine etablierte Gemeinde geworden ist. Wir traten zum Beispiel „Acts 29“ bei, weil wir auch daran glauben, dass Gemeindegründungen wieder neue Gemeinden gründen sollten. Wir wollten mehr eine Pipeline als eine Sackgasse sein. Aber diese Art von fortgesetzter Unterstützung und Aussendung benötigt fortgesetzte Jüngerschaft und Entwicklung.
Auf diese Weise kann jedes „danach“ einer Gemeindegründung der Anfang eines „davors“ für eine andere Gründung werden. Es ist ein Kreislauf, der dem Herzen Gottes für das Wachstum seines Volkes entspricht. Dadurch wird die Not der Welt für neue Gemeinden angesprochen. Und es wird gezeigt, was Gemeindegründung wirklich mit Jüngerschaft zu tun hat.