Ekklesiologie ist wichtig, besonders für Älteste

Artikel von Bill Riedel
29. Mai 2019 — 7 Min Lesedauer

Der Same des Evangeliums wird in neuen Boden eingepflanzt. Eine neue Gemeinde wird gegründet. Und dann, nach ein paar Jahren, kommt es zu einer Krise.

Ein schwerer Konflikt trifft junge Gemeinden mit überraschender Beständigkeit, selbst wenn die Gründe dafür sehr verschieden sind.

Aber nicht mich, dachte ich. Ich habe mir viele Gedanken über unsere Gemeinde gemacht. Ich bin ein besserer Leiter.

Ich lag falsch.

Die Reise, eine Gemeinde zu gründen, zwingt uns dazu, uns der Realität zu stellen, wenn die vage Ekklesiologie, die viele Gemeindegründer in ihre neuen Gemeinden tragen, mit den Komplikationen durch wirkliche Menschen, wirkliche Sünde und wirkliche Herausforderungen, die mit dem Wachstum einhergehen, konfrontiert werden.

Ekklesiologie ist wichtig

In dem Eifer, eine neue Gemeinde zu gründen, gehen viele Leiter das Risiko ein, zu schnell Älteste zu ernennen. Es kann verlockend sein, bei bestimmten Lehren Kompromisse einzugehen, um eine Ältestenschaft und damit eine gesunde Gemeinde zu haben. Eine dieser Lehren ist die Ekklesiologie. Ich habe es erlebt, wie viele Leiter Älteste einsetzten, ohne Einheit über dieses Thema anzustreben.

„Es kann verlockend sein, bei bestimmten Lehren Kompromisse einzugehen, um eine Ältestenschaft und damit eine gesunde Gemeinde zu haben. Eine dieser Lehren ist die Ekklesiologie.“
 

Vielleicht denken wir, dass Einheit über Ekklesiologie zweitrangig sei gegenüber anderen „wichtigeren“ Lehrfragen. Aber das könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Veränderung ist unvermeidlich

In verschiedenen Graden durchlaufen Gemeindegründungen Phasen der Veränderung und die Ältesten müssen bereit sein, dass sich ihre Rollen in diesem Prozess verändern werden. Manchmal müssen Älteste angesichts dieser Veränderungen ernste Entscheidungen treffen. Schwierige Entscheidungen sind in einer Gemeindegründung Alltag. Und man kann nicht einfach einen detaillierten Ratgeber schreiben, wie man in der eigenen Gemeindegründung mit diesen Veränderungen umgehen soll. Aber eine solide Ekklesiologie kann helfen.

Ungefähr vier Jahre nach unserer Gründung tauchten Spaltungen in den Beziehungen zwischen Schlüsselleitern auf. Diese Spaltungen hatten ihre Wurzeln in philosophischen Unterschieden, die über die Zeit wuchsen und zu persönlichen Verletzungen führten. Die Spaltungen bauten sich auf und irgendwann kam es zu einer echten Krise. Durch Gottes Gnade wurde die Gemeinde bewahrt und ist nun gesünder und geeinter als jemals zuvor. Aber es war dennoch eine schmerzvolle und verstörende Zeit.

Aber bei der Lehre über das Wesen der Gemeinde geht es um mehr als nur um Konfliktvermeidung. Es geht darum, der Bibel gegenüber treu zu sein.

Geh langsam voran

Gemeindegründungen, die eine reformierte Überzeugung haben, sind oft sehr theologisch ausgerichtet und haben eine Verpflichtung zu einer Mehrzahl an Ältesten, die die Gemeinde leiten, führen und für sie sorgen. Aus diesem guten Wunsch nach Pluralität heraus ernennen viele Gemeindegründer schnell Älteste. Das kann dazu führen, dass man Männer einsetzt, die wenig Leitungserfahrung haben oder nur einen Ausschnitt des Lebens und Dienstes in einer Ortsgemeinde kennen. Genau davor warnt Paulus den jungen Timotheus in Ephesus. Einer meiner Mentoren behauptete sogar, dass manches aus der Liste von Paulus auf einige Fehler hinweist, die er selbst bei der Gründung seiner Gemeinden begangen hatte.

„Ich kenne wenige Gemeindegründer, die es im Nachhinein bedauern,
zu langsam vorangegangen
zu sein.“

 

Lege die Hände also niemandem zu schnell auf (1Tim 5,22). Ich kenne wenige Gemeindegründer, die es im Nachhinein bedauern, zu langsam vorangegangen zu sein.

Entwickle und trainiere

Schon früh habe ich mich in unserer Ausbildung stark auf Lehre konzentriert, auf Kosten anderer Aspekte des Ältestendienstes. Es stimmt, dass „fähig zu lehren“ eine der Qualifikationen für einen Ältesten ist, aber es ist nicht die einzige (1Tim 3,2). Was allen Qualifikationen zugrunde liegt, ist Charakter. Charakter wird sich da durchsetzen, wo es an Gaben mangelt.

Also haben wir unsere Ausbildung so umgestaltet, dass sie sich hauptsächlich auf die Entwicklung und Bewertung des Herzens und Charakters eines Mannes konzentriert. Unser Entwicklungsprozess bestimmt und stärkt emotionale Intelligenz. Wir beobachten das Leben eines Mannes zu Hause, auf der Arbeit und in der Gemeinde. Wo ich einst nach dem scharfsinnigsten Theologen im Raum Ausschau hielt, suche ich nun nach dem Mann, dessen Anwesenheit die Menschen um ihn herum am meisten ermutigt, aufbaut und sie auf Jesus weist.

Arbeite auf philosophische Einheit hin

Auch wenn der Charakter das Schlüsselmerkmal bei den Qualifikationen für Älteste ist (1Tim 3; Tit 1), gibt es ein weites Spektrum an Perspektiven darüber, wie Teams von Ältesten zusammen funktionieren. Ein Mann kann die Charakterqualifikationen haben, die in der Schrift aufgeführt werden – und selbst schon in einer anderen Gemeinde Ältester gewesen sein – aber trotzdem eine andere Vision oder Dienstphilosophie als die Gemeinde haben, die du gründest. Und wenn diese Unterschiede in einem Ältestenteam präsent sind, kann das lähmend sein. Wenn sie sich in tiefe Spaltungen verwandeln, wird auch die Gemeinde diese Spaltung erfahren.

Unterschiedliche Auffassungen darüber, ob eine Gemeinde einen „leitenden Pastor“ hat oder welche Rolle der Pastor innerhalb der Gemeinde und dem Ältestenteam hat, können den Pastor dazu bringen, zu glauben, dass er eine gute Arbeit macht, während andere das Gefühl haben, dass er zu beherrschend ist. Als wir unsere Gemeinde gründeten, gab es Zeiten, als Menschen in unserem Team ein und denselben Moment auf unterschiedliche Weise beschreiben konnten. Ein Mangel an Einheit über die unterschiedlichen Rollen der Ältesten trug zu dieser Spaltung bei.

Uuneinigkeit über die Rolle der Ältesten und festen Mitarbeiter und wie sie miteinander in Beziehung stehen, kann zu frustrierenden Sitzungen und Verwirrung führen. Als unsere Gemeinde wuchs, wuchs auch der Stab unserer Mitarbeiter. Dadurch musste sich auch die Rolle der Ältesten verändern. Diese Veränderung wurde von manchen begrüßt, von anderen dagegen vehement abgelehnt.

Uneinigkeit über die wesentlichen Strukturen der Fürsorge und Mission in der Gemeinde wird zu unterschiedlichen Visionen für die Gemeinde führen und kann in einer Spaltung enden. Unser Team entwickelte starke Meinungsverschiedenheiten über die Verbindungen zwischen den Ältesten und Kleingruppenleitern und darüber, wer für die direkte Betreuung der Gemeindemitglieder verantwortlich war.

Wenn ich über diese Schwierigkeiten nachdenke, ist es wichtig zu betonen, dass wir oft nicht einem einzelnen Menschen die Schuld geben konnten. Die Herausforderungen, vor denen wir standen, waren das Resultat von notwendigen Veränderungen in der Leitung einer wachsenden Gemeinde.

Und genau deshalb sind tiefe Demut und Weisheit so wichtig. Ich plädiere nicht für Einheitlichkeit, sondern für Einheit. Es ist möglich, geringfügig unterschiedliche Perspektiven über Ekklesiologie zu haben, und dennoch über eine gesunde Ältestenschaft zu verfügen. Aber sei dir bewusst, dass Spaltung schnell aufkommen kann. Demütige Abhängigkeit im Gebet wird zweifellos notwendig sein, um mit diesen Themen fertig zu werden.

Tu Buße, lerne, wachse

Gemeindegründer werden Fehler machen. Andere Leiter werden Fehler machen. Es ist schwierig für viele Gemeindegründer, den Übergang von dem Unternehmertum der Gründung zu der pastoralen Fürsorge einer Gemeinde zu schaffen. Wenn Konflikte unvermeidbar aufkommen, tue schnell und regelmäßig Buße, lerne aus Fehlern und wachse in der Anwendung des Evangeliums in der Gemeinde.

„Eine Gemeinde zu gründen ist immer komplizierter als den Plan dafür zu erstellen.“
 

Ich habe auf meinem Weg viele Fehler gemacht und musste sowohl privat als auch öffentlich Buße tun. Ich hatte ekklesiologische Ideale, die gut auf dem Papier aussahen, aber im realen Dienst und im Konflikt nicht funktionierten. Ich bin dankbar für die weisen Mentoren, die mir halfen, weiterzumachen und mich daran erinnerten, dass die Gemeinde nicht von perfekten Leitern abhängt, sondern von einem perfekten Erlöser.

Eine Gemeinde zu gründen ist immer komplizierter als den Plan dafür zu erstellen. Wenn man eine klare, niedergeschriebene und biblische begründete Ekklesiologie hat – zu der sich alle Ältesten von Anfang an bekennen – kann das der Gemeinde dabei helfen, ihre Mission besser auszuführen und Konflikte besser zu bewältigen.