Schluss mit geistlichen Süßigkeiten

Artikel von Amy Gannett
6. Mai 2019 — 5 Min Lesedauer

Ich war schon immer eine Naschkatze. Ich mag Desserts aller Art – besonders Eiscreme. Süßigkeiten sind angenehm und trösten uns manchmal. Und da ich immer Lust auf Süßes habe, scheinen sie immer genau das Richtige zu sein.

Doch in den letzten Jahren musste ich mein Immunsystem stärken, was einen drastischen Verzicht auf Zucker bedeutete. Daraufhin passierte Komisches.

Zunächst fiel mir auf, dass in wirklich allen Lebensmitteln Zucker enthalten ist. Ich hatte gar keine Ahnung, wie viele Sachen ich aß – Sachen, von denen ich dachte, dass sie gut und nahrhaft für mich seien – die mit Zucker vollgeladen waren und langsam meine Gesundheit aufzehrten. Als ich das erfuhr, wurde ich umso dankbarer für das zweite, das mir auffiel: Je weniger Zucker ich aß, desto weniger Verlangen hatte ich danach.

Aber meine Vorliebe für Süßes hört nicht bei meinen körperlichen Gelüsten auf. Sie schwappt auch auf mein geistliches Leben über. In Zeiten geistlicher Schwierigkeiten habe ich mich an süße, vermeintlich wahre Sprüche gewandt, um mein geistliches Verlangen zu stillen.

Ich habe mich auf Pinterest-taugliche Zitate gestürzt, in denen steht, dass ich ein Überwinder bin, der zu allem imstande ist. In Zeiten geistlicher Dürre habe ich auf Influencer in den sozialen Medien gehört, die mir sagten, dass ich alles, was ich brauche, schon in mir trage. In chaotischen Zeiten habe ich die wohlgemeinten Worte von Freunden geschätzt, die mich daran erinnerten, dass ich schon stärker sei, als ich es mir je vorstellen könnte.

Ich habe also in den Zeiten, in denen ich mich überfordert fühlte, nach Süßigkeiten gegriffen – köstliche kleine Erinnerungen daran, wie fähig ich bin, wie unbesiegbar und wie viel ich erreichen kann.  Und da ich mich immer nach ihnen sehne? Nun, sie scheinen immer gut zu schmecken.

Aber diese leckeren Mantras enthalten nicht die ganze Wahrheit.

Süßer Ersatz für die Wahrheit

Ich bin nicht die Einzige. Christen tauschen oft die nahrhaften Wahrheiten des Wortes Gottes für „süßeren“ Ersatz ein. Besonders, wenn uns das Leben schwerfällt, können wir uns auf Halbwahrheiten über unsere eigene Widerstandsfähigkeit stützen statt auf Erinnerungen an Gottes Souveränität und Genugsamkeit.

„Christen tauschen
oft die nahrhaften Wahrheiten des Wortes Gottes für ‚süßeren‘ Ersatz ein.“
 

Als ich mir zuerst vornahm, meinen Zuckerkonsum zu reduzieren, dachte ich, dass ich es niemals schaffen würde. Ich hatte ein ständiges Verlangen nach Zucker. Eine befreundete Krankenschwester erklärte mir, was in meinem Körper vor sich ging. Sie sagte mir, dass Zucker lügt. Er gaukelt unserem Körper vor, wir hätten mehr Energie als tatsächlich vorhanden ist und gibt uns das Gefühl, etwas Gehaltvolleres gegessen zu haben als es tatsächlich der Fall ist. Und Schritt für Schritt kann uns Zucker süchtig machen, immer auf der Suche nach der beruhigenden Leckerei, die uns bis zum nächsten Verlangen durchbringt.

Das Gleiche kann über den geistlichen Ersatz gesagt werden, den ich zu mir nahm. Wie Zucker lügen mich diese süß klingenden inspirierenden Sprüche an.

Sie sagen mir, dass ich stark bin, aber sie erinnern mich nicht an Gottes wahre Stärke (Jes 41,10). Sie sagen mir, dass ich fähig bin, aber sie sagen mir nicht, dass Gott die Quelle aller Dinge ist (Jak 1,17). Sie sagen mir, dass ich selbst genug bin, aber sie sagen mir nicht, dass er der ewige „Ich bin“ ist (2Mo 3,14). Sie sagen mir, dass ich mehr tun kann, als wozu ich wirklich imstande bin. Sie verlocken mich, zu glauben, dass sie langanhaltende Nahrung bieten, nur um mich erschöpft und niedergeschlagen zurückzulassen auf der Suche nach dem nächsten Schuss.

Das Verlangen nach Wahrheit schulen

Auf Zuckerkonsum zu verzichten, hat meinen Körper aufs Neue geschult, nach echter Nahrung zu verlangen. Durch kleine, tägliche Entscheidungen trainiere ich meinen Körper, zufrieden zu sein mit dem Blattgemüse aus dem Garten meines Freundes oder mit der Säure einer reifen Tomate. Und glücklicherweise sehne ich mich umso mehr nach gutem Essen, je mehr ich mich von echter Nahrung ernähre.

„Aber wenn wir täglich die Entscheidung treffen, uns am unveränderlichen Charakter Gottes zu erfreuen, lehren wir uns selbst, nach dem zu verlangen, was wirklich satt macht.“
 

Es ist harte Arbeit, sich geistlicher Süßigkeiten zu entwöhnen. Aber wenn wir täglich die Entscheidung treffen, uns am unveränderlichen Charakter Gottes zu erfreuen, lehren wir uns selbst, nach dem zu verlangen, was wirklich satt macht. Wenn wir uns in unserer Schwachheit vom Wort Gottes ernähren, werden wir zu Menschen geformt, die sich in ihrer Schwachheit nach seinem Werk ausstrecken und in ihrem Mangel auf seinen Geist vertrauen.

Lasst uns danach streben, dass wir uns von einer nachhaltigeren Quelle ernähren und aufhören, geistlichen Abfall zu essen, der nicht wirklich nahrhaft ist. Lasst uns aufhören, uns einzureden, dass wir stark, tapfer und gut genug sind, um zu tun, was wir in unserer menschlichen Begrenztheit doch nicht tun können. Lasst uns die die Wahrheit erkennen, wer wir sind und wer unser Gott ist. Wir sind beständig schwach; es ist Gott, der eingreifen und seine Stärke erweisen muss.

Dann werden wir verstehen, was ich über Zucker herausgefunden habe: Der süße Unsinn steckt fast überall drin. Aber wenn wir lernen, ihn zu erkennen und auszusortieren, dann werden wir weniger Verlangen danach haben. Wenn wir uns die Wahrheit von Gottes Charakter vor Augen führen, werden wir anfangen, nach der reichhaltigen Wahrheit des Wortes Gottes zu verlangen. Und wenn wir uns von diesem täglichen Brot ernähren, werden wir lernen, und nach dem zu sehnen, was auf ewig zufriedenstellt – dem Brot des Lebens selbst.