Gemeindezucht als Merkmal der wahren Kirche
Wenn aber dein Bruder an dir gesündigt hat, so geh hin und weise ihn zurecht unter vier Augen. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. (Mt 18,15)
Im Gegensatz zur römisch-katholischen Kirche, die die kirchliche Gemeinschaft mit dem Papst als zentrales Merkmal der wahren Kirche definiert, lehrten die protestantischen Reformatoren, dass die Merkmale eine wahren Kirche Christi im richtigen Predigen des Evangeliums und im richtigen Spenden der Sakramente bestehen. Doch fügten sie auch ein drittes Merkmal hinzu: die konsequente, angemessene Anwendung der Gemeindezucht.
Manchmal führten die Reformatoren Gemeindezucht nicht als ein eigenes Merkmal der Kirche auf. Stattdessen subsumierten sie es unter das richtige Spenden der Sakramente. Das kommt daher, weil Gemeindezucht mit einschließt, zu bestimmen, wer ein glaubwürdiges Bekenntnis des Glaubens hat und folglich die Sakramente empfangen kann. Gemeindeausschluss, die härteste Strafe, die von den Ältesten im Rahmen der Gemeindezucht erlassen werden kann, schließt einen bekennenden Christen von der sichtbaren Gemeindemitgliedschaft und der Teilnahme am Abendmahl aus. Egal, ob wir Gemeindezucht als drittes Merkmal oder als Teil des Spendens der Sakramente sehen, ist es gewiss richtig, sie als ein bestimmendes Merkmal der Kirche zu betrachten.
Wir sehen die Notwendigkeit für Gemeindezucht, um die wahre Kirche zu identifizieren, wenn wir über das Wesen der Kirche nachdenken. Als das herausgerufene Volk Gottes, das dazu aufgerufen ist, in Heiligkeit zu wandeln (1Petr 1,13–25), muss die Kirche frei sein von eklatanter Sünde und falscher Lehre, wenn sie heilig sein will. Denn mit falscher Lehre und skandalöser Sünde umzugehen, erlaubt diesen ansteckenden Krankheiten, den ganzen Leib zu korrumpieren. Irgendwann wird die Kirche nicht mehr anders sein als die Welt und folglich gar keine Gemeinde mehr sein. Gemeindezucht anzuwenden, um zur Buße anzuregen, bewahrt die Gemeinde rein und abgesondert.
Jesus lehrt in dieser Bibelstelle die Grundlagen der Gemeindezucht. Die erste Stufe ist Ermahnung, wobei die Zahl der Menschen, die notwendig sind, um einen unbußfertigen Menschen wegen seiner offenkundigen Sünde anzusprechen, steigt, wenn dieser Mensch sich weigert, Buße zu tun. Die zweite Stufe der Gemeindezucht ist Ausschluss (Mt 18,15–20). Aber es gibt eine dritte Stufe der Gemeindezucht, die in Matthäus 18 nicht ausdrücklich erwähnt wird: Versöhnung und Wiederherstellung. Das letzte Ziel der Gemeindezucht ist nicht, jeden bekennenden Christen zu beaufsichtigen, was er sagt oder tut, und auch nicht, streng zu sein, einfach nur, um streng zu sein. Älteste, die Gemeindezucht richtig praktizieren, streben nach der Buße des Sünders. Wenn der gezüchtigte Sünder von seiner Übertretung umkehrt, muss er zur Gemeinde wieder aufgenommen werden (2Kor 2,5–11).
Coram Deo
Gemeindemitgliedschaftsversprechen beinhalten oft die Verpflichtung, die Reinheit und den Frieden der Gemeinde zu schützen. Die wichtigste Sache, die wir tun können, um die Reinheit der Gemeinde zu fördern, ist es, Heiligkeit in uns selbst zu fördern, damit wir nicht unter offizielle Gemeindezucht kommen müssen. Lasst uns uns vornehmen, Heiligkeit zu praktizieren, von Sünde umzukehren und einander zu ermutigen, Christus und seinem heiligen Weg zu folgen.