Das Problem mit der Auferstehung
Für jeden aufrichtigen Menschen stellt die Auferstehung Jesu ein Problem dar! Wer Jesu Auferstehung leugnet, muss erklären, wie sich nach Jesu (angeblicher) Auferstehung das Christsein wie ein Lauffeuer in der damaligen römischen Welt ausbreiten konnte. Eine solche alternative Erklärung zur tatsächlichen Auferstehung muss historisch nachvollziehbar sein und dem damaligen soziologischen, gesellschaftlichen, intellektuellen, religiösen und philosophischen Kontext Genüge tun. Wer jedoch an Jesu Auferstehung glaubt, der steht vor dem Problem, sein Leben radikal auf den Kopf zu stellen und die Implikationen dieses Ereignisses konsequent auszuleben.
Es wird deutlich: Genau wie derjenige, der an die Auferstehung glaubt, unter Zugzwang steht dieses Ereignis zu „beweisen“, muss auch jeder aufrichtige Skeptiker eine Alternative präsentieren, wie es zu solchen radikalen Auswirkungen im ersten Jahrhundert kommen konnte. Jeder muss sich damit auseinandersetzen, was für ein Ereignis (bzw. Ereig-nisse) die beste Antwort auf die folgenden fünf (und noch so manch andere) Fragen bietet.
Was kann erklären, dass eine so einfache und durchschnittliche Schar von Jüngern eine Weltreligion ins Leben rufen konnte?
Dass aus furchtsamen Jüngern, die weggelaufen waren, ihren Meister verraten und im Stich gelassen hatten und drauf und dran waren, in ihr altes Leben zurückzukehren, eine Schar von so mutigen und brennenden Aposteln wurde, kann eigentlich nur durch das Ereignis der Auferstehung oder etwas ähnlich radikales erklärt werden.
Der Apologet und Althistoriker Jürgen Spieß zitiert zu diesem Tatbestand den jüdische Theologen und Neutestamentler Pinchas Lapide:
„Wenn diese aufgescheuchte, verängstigte Apostelschar, die eben dabei war, alles wegzuwerfen, um in heller Verzweiflung nach Galiläa zu flüchten; wenn diese Bauern, Hirten und Fischer, die ihren Meister verrieten, verleugneten und dann kläglich versagten, plötzlich über Nacht sich in eine selbstsichere und heilsbewusste, überzeugte Missionsgesellschaft verwandeln konnten, die viel erfolgreicher nach Ostern als vor Ostern wirkte, so genügt keine Vision oder Halluzination, um solch einen revolutionären Umschlag zu erklären. Für eine Sekte, eine Schule oder einen Orden hätte vielleicht eine Einzelvision genügt – nicht aber für eine Weltreligion, die dank dem Osterglauben das Abendland erobern konnte.“ (Zitiert aus Jürgen Spieß, Aus gutem Grund, Muldenhammer: Jota Publikationen, 2010, S. 69.)
„Diese vorerst so resignierten Apostel waren letztendlich bereit, für ihre Verkündigung der Auferstehung in den Tod zu gehen.“
Dabei ist zu bedenken, dass wenn Jesus nicht wirklich sichtbar und erlebbar auferstanden wäre, die Angst vor noch mehr Spott, Hohn, Verfolgung und sogar dem sicheren Tod die Jünger ganz bestimmt nur noch weiter eingeschüchtert hätte. Es ist unvorstellbar, dass sie mit solch einem Freimut die Auferstehung verkündigt hätten. Da hätten auch keine angeblichen Visionen oder Halluzinationen geholfen. Ganz im Gegenteil waren jedoch diese vorerst so resignierten Apostel letztendlich bereit, für ihre Verkündigung der Auferstehung in den Tod zu gehen. Der amerikanische Pastor Timothy Keller schreibt dazu:
„Pascal sagte einmal, dass er nur den Zeugen glaubte, denen man die Kehle durchgeschnitten hatte. Praktisch alle Apostel und frühen Leiter der Kirche starben für ihren Glauben, und es ist schwer vorstellbar, dass sie ihr Leben für ein selbst erfundenes Gerücht opferten.“ (Timothy Keller, Warum Gott?: Vernünftiger Glaube oder Irrlicht der Menschheit?, Gießen: Brunnen Verlag, 2008, S. 249.)
Was kann erklären, dass sich die Nachricht von der Auferstehung Jesu buchstäblich über Nacht wie ein Lauffeuer anfing zu verbreiten?
Die Schnelligkeit, mit der sich die Nachricht und die Lehre über die Auferstehung Jesu verbreitete, kann nur dadurch erklärt werden, dass sie tatsächlich stattgefunden hat. Jürgen Spieß erklärt hierzu:
„Dann hörten sie die Berichte der Frauen vom leeren Grab, und der auferstandene Jesus begegnete ihnen. Die unmittelbare Wirkung auf die Jünger war, dass sie begannen, vom Auferstandenen zu predigen. Die Wirkung in der damals bekannten Welt war, dass es in wenigen Jahrzehnten überall im Römischen Reich Gemeinden gab, die dasselbe verkündigten. Deshalb kommt auch der jüdische Theologe Pinchas Lapide zu dem Schluss, es müsse eine reale Auferstehung stattgefunden haben. Man kann nicht erfinden, dass innerhalb von Wochen dieselben Menschen, die sich vorher verkrochen haben, sagen: ‚Er ist auferstanden‘, und es dann innerhalb von einigen Jahren im ganzen Römischen Reich Gemeinden gibt, die das verkündigen. Vor allen Dingen waren es einfache Leute, Handwerker, Fischer. Sie hatten nicht jahrelang Theologie studiert und sich dann überlegt: ‚Wie können wir jetzt diesen Fehlschlag, den wir fabriziert oder erlebt haben, noch umdeuten?‘ Diese einfachen Leute hatten gar nicht im Sinn, als Theologen aufzutreten. Aber sie hatten etwas erlebt, was sie weitersagen mussten.“ (Spieß, Aus gutem Grund, S. 78.)
Was kann erklären, dass die von der Kreuzigung resignierten Jünger plötzlich an eine Auferstehung glaubten?
Was kann erklären, dass die von der Kreuzigung resignierten Jünger plötzlich an eine Auferstehung glaubten, die religiös und philosophisch gesehen zur damaligen Zeit absolut unvorstellbar, unerwartet und in vielen Fällen sogar unerwünscht gewesen wäre?
„Wer an Jesu Auferstehung glaubt, muss sein Leben radikal auf dieses Ereignis ausrichten.“
Es ist wichtig sich bewusst zu sein, dass für alle damals vorherrschenden Weltanschauungen die Auferstehung einer einzelnen Person unvorstellbar und nicht kompatibel gewesen ist. Tim Keller betont diesen Punkt, denn viele, die heute der Auferstehung skeptisch gegenüber stehen, gehen davon aus, dass die Leute damals einfach naiv waren und leicht übernatürliche Dinge glaubten – ohne jegliche Skepsis. Aber – um einen von C. S. Lewis geprägten Begriff zu benutzen – dies ist „chronologischer Snobismus“. Denn beim genaueren Nachforschen wird deutlich, dass damals niemand mit einer Auferstehung rechnete und jeder – ob nun Jude oder Grieche – sie sehr skeptisch aufnahm.
Die Menschen der griechisch-römischen Welt sahen allgemein den Geist als gut und den Körper als schwach und verdorben an. Sie sehnten sich nach der Befreiung vom Körper. Somit war die leibliche Auferstehung für sie nicht nur unvorstellbar, sondern auch unerwünscht. Die Juden hingegen glaubten an eine zukünftige Auferstehung aller Gerechten, wenn Gott die gesamte Schöpfung erneuern und ein für alle mal das Leid, die Tränen und den Tod beseitigen würde. In diese Vorstellung und Erwartung passte die Auferstehung eines Einzelnen absolut nicht hinein! Tim Keller veranschaulicht diese Tatsache wie folgt:
„Dass inmitten der menschlichen Geschichte, während der Rest der Welt weiter unter der Last von Krankheit, Verfall und Tod stöhnte, ein einzelner Mensch auferweckt wurde, war unvorstellbar. Wenn jemand einem Juden des 1. Jahrhunderts gesagt hätte: ‚Der Soundso ist von den Toten auferweckt worden!‘, wäre die Antwort gewesen: ‚Bist du meschugge? Wie kann das sein? Haben Krankheit und Tod aufgehört? Herrscht wahre Gerechtigkeit in der Welt? Liegt der Wolf beim Lamm? Mach dich nicht lächerlich!’“ (Keller, S. 246)
Dieser religiöse und philosophische Kontext der ursprünglichen Verkündigung der Auferstehung entlarvt auch die Hypothesen als unwahrscheinlich und unrealistisch, die behaupten, dass die Jünger entweder hypnotisiert waren, lediglich Visionen von einem auferstanden Jesus hatten oder den Leichnam Jesu einfach gestohlen hatten, um dann zu behaupteten, dass er lebt.
Was kann erklären, dass in dem Leben der Jünger über Nacht ein radikaler Paradigmenwechsel stattgefunden hat?
Was kann erklären, dass in dem Leben der Jünger über Nacht ein radikaler Paradigmenwechsel stattgefunden hat und sich dieser darauf beruhende Glaube, wie ein Lauffeuer verbreitete?
„Die Jünger Jesu stellten klar, dass sie nicht durch einen Diskussionsprozess zu ihrem Glauben gekommen waren, sondern das weiter-gaben, was sie persönlich gesehen hatten.“
Die Implikationen und Überzeugungen von der Auferstehung Jesu waren absolut neu und etwas noch nie da Gewesenes. Überzeugungen und Auffassungen, die dann zu einem Paradigmenwechsel führen, bedürfen normalerweise einer längeren Zeit der Formierung. Nur ein radikales Ereignis, wie es die Auferstehung z. B. ist, könnte diese Formierung von Lehren und Überzeugungen verkürzen oder unnötig machen.
„Jede dieser Aussagen [war] etwas noch nie Dagewesenes. Normalerweise braucht es, wie die uns bekannten Beispiele zeigen, eine Zeit, bis solch eine massive Veränderung des Weltbildes in einer Gruppe von Menschen Fuß fasst. So etwas hätte jahrelange Diskussionen erfordert, in denen diverse Denker und Autoren über ‚das Wesen der Auferstehung‘ gestritten hätten, bis sich eine Seite durchsetzt hätte. Das ist der übliche Weg, wie sich eine Kultur oder ein Weltbild verändert. Die christliche Sicht von der Auferstehung, dieses absolute Novum in der Geschichte, war aber unmittelbar nach dem Tod Jesu fertig da. Es gab keine allmähliche Entwicklung. Die Jünger Jesu stellten klar, dass sie nicht durch einen Diskussionsprozess zu ihrem Glauben gekommen waren, sondern das weitergaben, was sie persönlich gesehen hatten. Bis heute hat noch niemand eine plausible Alternative zu dieser Aussage gefunden.“ (Keller, S. 247 f.)
Was kann erklären, dass über Nacht eine große Zahl von Juden anfing, Jesus als Gott anzubeten?
Trotz jüdischen Widerstands fingen buchstäblich über Nacht eine große Zahl von Juden an, Jesus als Gott anzubeten und zu verehren. Nur wenige Jahre nach der Auferstehung wurde diese Glaubensüberzeugung schon als Teil eines Liedes zitiert und reflektiert. Im Philipperbrief heißt es:
„Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie es Christus Jesus auch war, der, als er in der Gestalt Gottes war, es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein; sondern er entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen; und in seiner äußeren Erscheinung als ein Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott auch über alle Maßen erhöht und ihm einen Namen verliehen, der über allen Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich alle Knie derer beugen, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,5–11)
Kann etwas anderes als die tatsächliche Auferstehung Jesu solch eine Überzeugung bei gottesfürchtigen, monotheistischen Juden ausgelöst haben – selbst wenn es ihnen den Hals hätte kosten können?
Diese eben genannten fünf Fragen sind herausfordernd! Sie stellen jeden aufrichtigen Menschen vor ein Problem: Wer Jesu Auferstehung leugnet, muss alternative Erklärungen dafür bieten, was damals geschah. Wer an Jesu Auferstehung glaubt, muss sein Leben radikal auf dieses Ereignis ausrichten.