Der Same der Frau

Artikel von Andrew Compton
1. Januar 2019 — 4 Min Lesedauer

Der Fluch über die Schlange in 1. Mose 3,14–15 bereitet die Bühne für den anschließenden Lauf der Heilsgeschichte. Offensichtliche Anspielungen im Neuen Testament zu dieser Bibelstelle finden sich in Lukas 10,19, Römer 16,20 und Offenbarung 12,17. Doch von diesem Punkt im 1. Mose an charakterisiert das Thema „Feindschaft zwischen Nachkommen/Samen“ die biblische Erzählung. Diese Bibelstelle erfüllt sich letztendlich in Jesus Christus, den vollkommenen „Samen der Frau“, der den Kopf der Schlange zertritt. In den drei Fluchreden, die in 1. Mose 3,14–19 gehalten werden, wird der Erzählungstrang der Geschichte vorgezeichnet.

Die Intensität dieser Reden kann folgendermaßen nachvollzogen werden. Auf dem Höhepunkt wird ein Fluch direkt an die Schlange ausgesprochen: „Verflucht sollst du sein“ (Vers 14). Bei Adam gibt es eine leichte Abschwächung: Der Erdboden wird wegen Adam verflucht, aber er selbst wird nicht so direkt verflucht wie die Schlange (Vers 17). Mit Eva, schließlich, wird das Wort Fluch gar nicht gebraucht.

Der Fluch über die Schlange kulminiert in Vers 15: „Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen: Er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen“ (1Mo 3,15). Eva starb nicht an dem Tag, da sie von dem Baum aß (siehe 2,17). Sie lebte lang genug, um Kinder zu gebären. Die Mühen ihrer Schwangerschaft wurden sehr groß, aber sie würde nichtsdestotrotz Kinder gebären (3,16). Adam nannte seine Frau passenderweise Eva: „Und der Mensch gab seiner Frau den Namen Eva; denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen“ (1Mo 3,20). Durch Eva würde Leben kommen.

Von diesem Punkt an zeigt das 1. Buch Mose zwei Linien des „Samens“ auf, die sich in einem heiligen Krieg befinden. Als Eva Kain gebar, war ihr Vertrauen auf Gottes Verheißung stark: „Ich habe einen Mann erworben mit der Hilfe des HERRN“ (1Mo 4,1). Und doch war dieser Mann, Kain, in Wirklichkeit aus dem Bösen (1Joh 3,12) und tötete seinen gerechten Bruder Abel. Kain erwies sich aus der Linie der Schlange, die zunächst die Oberhand zu haben schien. Gottes Urteil über Kain spielte auf die Flüche in 1. Mose 3 an: „Und nun sollst du verflucht sein von dem Erdboden hinweg“ (1Mo 4,11). Kain war wie sein biologischer Vater, Adam, indem er vom Erdboden hinweg verflucht wurde, aber er war auch wie sein geistlicher Vater, der Teufel, indem er selbst den Fluch empfing: „Und nun sollst du verflucht sein von dem Erdboden hinweg“ (Vers 11).

Was wir als nächstes sehen ist der Gegensatz zwischen dem, was wir zwei „Erzväter“ aus verschiedenen Samen nennen könnten. Kain war das Haupt der Linie der Schlange und Seth das Haupt der Linie der Verheißung.

Kain baute im Folgenden ein böses Imperium. Obwohl Adam und Eva östlich von Eden gesandt wurden, ging Kain bereitwillig noch weiter östlich von Gottes Gegenwart hinweg. Er baute eine Stadt, hatten einen Sohn, Henoch, und benannte die Stadt nach ihm. (Bemerke, dass das nächste Mal, wenn wir davon lesen, dass jemand eine Stadt baut, es eine weitere Stadt der Schlange im Osten ist, Babel [1Mo 11]). Trotz der kulturellen Leistungen der Linie Kains (4,18-24) sehen wir sie kulminieren in der Geburt von Lamech, der siebten Generation. Gott verhieß siebenfältige Rache in 1. Mose 4,5 über jeden, der Kain ermorden würde, aber Lamech handelte so, als ob er größer als Gott und fähig wäre, siebzigfältige Rache auszuteilen. Hatte die Linie der Schlange von Kain eine echte Herausforderung gegen Gottes Verheißung geboten?

In 1. Mose 4,25 lesen wir von der Linie der Verheißung. Eva gebar einen Ersatz für den gerechten Abel, Seth. Mit Seths Sohn gibt es ein fortlaufendes Interesse an den Namen der Menschen: „Und auch dem Seth wurde ein Sohn geboren, den nannte er Enosch. Damals fing man an, den Namen des HERRN anzurufen“ (Vers 26). Seths Linie kulminiert in einem besseren Henoch als dem kainitischen Henoch. Dieser Henoch war die siebte Generation von Seth, aber er war das Gegenteil des Kainiten Lamech aus der siebten Generation. Wo Lamech sich rühmte, größer als Gott zu sein, wandelte Henoch mit Gott (5,22) und schmeckte den Tod nicht (Vers 24; Hebr 11,5). Danach kam ein besserer und anderer Lamech, ein Sethite, der einen Sohn namens Noah gebar (1Mo 5,28–29). Zu Noahs Geburt sprach Lamech: „Der wird uns trösten über unsere Arbeit und die Mühe unserer Hände, die von dem Erdboden herrührt, den der HERR verflucht hat“. Noah war ein Typus für Christus, indem er ein gerechter Mensch inmitten eines ehebrecherischen Volkes war. Seine Linie wurde gerettet, aber die Linie der Schlange ging weitestgehend zugrunde.

Die Flut war jedoch nicht das letztendliche Zertreten des Kopfes der Schlange. Noahs Sohn Ham setzte die Linie der Schlange fort. Aber der Tag würde kommen, wenn der verheißene Same – Christus selbst – eintreffen würde (Gal 3,16). Dieser Same würde der Schlange den tödlichen Schlag versetzen. In der neuen Schöpfung wird es keinen Ham mehr geben, der einen neuen Widerstand anführen könnte. 1. Mose 3,14–15 enthält den Handlungsstrang der ganzen Bibel, indem ein heiliger Krieg verheißen wird zwischen zwei Linien, und dass Gott Erlösung bringen wird letztlich und vollständig im Werk Christi. Was für ein Trost ist es zu wissen, dass Gott uns in Christus mit sich selbst versöhnt hat.