Schnell zum Hören
Es wurde gesagt, dass Gott uns zwei Ohren aber nur einen Mund gegeben hat. Anscheinend will er, dass wir mehr zuhören als reden. Jakobus wies auf den gleichen Punkt hin, als er die Christen dazu ermutigte, „schnell zum Hören“ und „langsam zum Reden“ zu sein (Jak 1,19).
Wenn wir gut zuhören, spiegeln wir Gottes Ebenbild wider (1Mo 1,26), weil Gott der vollendete Zuhörer ist. Genauso wie er kein stummer Götze ist, ist er auch kein tauber Götze (Ps 115,5–6). Der dreieinige Gott redet (Hebr 1,1–2) und hört zu. Der Vater hört auf den Sohn; er hört und erhört seine Gebete (Joh 11,41–42; Hebr 5,7; 7,25). Der Sohn hört auf den Vater; er hört und tut seinen Willen (Joh 5,29-30; 8,28; 12,49–50). Der Geist hört auf den Vater und den Sohn, und die beiden hören auf ihn (Joh 14,16; 16,13–15; Röm 8,26–27).
Erstaunlicherweise hört der dreieinige Gott auch uns zu. Er hört aufmerksam auf die Gebete seines Volkes und erhört sie gnädiglich (2Mo 2,23–25; Ps 34,16; 66,19–20; Joh 15,16). Das sollte niemals aufhören, uns ins Staunen zu versetzen und unser Herz zu bewegen – der Gott des Universums hört uns zu, wenn wir beten.
Wir sollten auch bemerken, wie Jesus während seines irdischen Dienstes anderen zuhörte. Er predigte nicht nur zu ihnen; er verbrachte Zeit mit ihnen, speiste mit ihnen und führte Gespräche mit ihnen. Er stellte ihnen tiefgreifende Fragen und hörte ihren Antworten aufmerksam zu. Er hörte zu, wie sie über ihre Ängste, Sehnsüchte und religiösen Überzeugungen redeten. Denk an die Demut des Sohnes Gottes, des menschgewordenen Gottes, wie er Sündern zuhört, die mit ihm über Religion reden. Der, der von Engeln angebetet wird, hört zu, wie Sünder ihre Ansichten über Anbetung mit ihm teilen. Gott im Fleisch hört zu, während Sünder mit ihm über Theologie reden. Christus redete offen mit Sündern, während sie versuchten, sich eloquent über Christologie zu äußern. Der Retter hörte den Sündern zu, für die er zur Rettung gekommen war, während sie über ihre Ansichten in Bezug auf die Erlösung redeten (Mt 19,16–30; Joh 3,1–15; 4,7–42).
Jesus hörte Sündern aus dem gleich Grund zu, warum er mit ihnen redete: weil er sie liebte (Mk 10,21). Er hielt Konversationen sogar mit denen, die ihn umbringen wollten, und sogar zu ihnen sagte er: „Ich sage das, damit ihr gerettet werdet“ (Joh 5,34). Jesus hörte den Gedanken oder den Anklagen von Sündern nicht nur zu, um dann schnell eine Widerlegung zu formulieren, die sie „auf ihren Platz verwies“. Stattdessen hörte er ihnen zu, um mit ihnen über die gute Nachricht seiner Liebe zu reden, auf dass sie gerettet werden mögen (Joh 3,17).
Wenn wir als gute Zuhörer wachsen, spiegeln wir demnach nicht nur Gottes Ebenbild wider; wir erreichen andere mit der Liebe Gottes. Wenn Gott uns aus Liebe zuhört, sollten wir nicht einander aus Liebe zuhören? Sollten wir nicht nur „schnell zum Hören“ gegenüber Gott sein, sondern auch gegenüber den Trägern seines Ebenbilds? Das ist wichtig in all unseren Beziehungen, einschließlich unserer Beziehungen mit denen, die noch keine rettende Beziehung mit Jesus haben.
In manchen chinesischen Gemeinden heißen die Gemeindemitglieder neue Gläubige willkommen, indem sie sagen: „Jesus hat nun neue Augen, mit denen er sehen kann, neuen Ohren, mit denen er hören kann, neue Hände, mit denen er helfen kann, und ein neues Herz, mit dem er andere lieben kann.“ Hältst du deine Ohren für ein Mittel, durch das Jesus anderen Aufmerksamkeit schenkt? Bist du bereit anderen zuzuhören, mit denen du zutiefst unterschiedlicher Meinung bist, um sie kennenzulernen und sie um Jesu willen zu lieben? Bist du bereit, beleidigt zu werden durch das, was sie sagen, ihre Verfehlungen zu übersehen und ihnen so die Liebe Christi zu zeigen (Spr 19,11; 1Petr 4,8)? Wenn du versucht bist, mit Nein zu antworten, dann erinnere dich daran, welch ein langmütiger Zuhörer Jesus gegenüber denen war, die er während seines irdischen Dienstes traf. Erinnere dich daran, welch ein langmütiger Zuhörer er gegenüber dir war.
Thomas Smyth, ein presbyterianischer Pastor aus dem 19. Jahrhundert, sagte immer, dass Christen „die Repräsentanten Christi sind und das Mittel zur Bekehrung der Welt“. Um diese Berufung zu erfüllen, müssen wir zuerst die Menschen in unserer unmittelbaren Umgebung lieben – unsere Nachbarn, Mitarbeiter, Gemeindebesucher, die Geringsten, die Verlorenen, die, die übersehen werden, und die Ausgestoßenen. Um sie mit der Liebe Christi zu lieben, müssen wir ihnen um Christi willen zuhören.
Ich kam zu einer rettenden Beziehung mit Jesus während meines zweiten Jahres an der Universität. Gott hatte in seiner Gnade verschiedene hingegebene christliche Studenten in mein Leben platziert. Ich war beeindruckt von ihrer Freude und ihrer Liebe. Sie hatten eine Zufriedenheit in ihrer Seele, die ich nicht besaß. Und sie erzählten mir die gute Nachricht von Jesus. Ich muss zugeben, dass ich mich an wenig spezifische Dinge erinnere, die sie mir sagten. Aber woran ich mich erinnere und was so beeindruckend ist, wenn ich daran zurückdenke, ist, wie geduldig sie mir zuhörten.
Ich habe Theologie studiert, noch bevor ich Christus kennenlernte. Die christlichen Freunde, die mir während dieser Jahre begegneten, hörten mir zu, wie ich mich eingebildet über die großen Fragen des Lebens äußerte. Manchmal stellten sie mir Fragen, um mich dazu zu bewegen, tiefer über meine Überzeugungen nachzudenken. Manchmal stimmten sie mir zu. Manchmal kicherten sie über meine idiotischen Vorstellungen. Aber sie hörten immer zu. Und sie beteten für mich, liebten mich auf praktische Weise und redeten die Wahrheit in Liebe zu mir. Gott gebrauchte ihr Zeugnis, einschließlich ihres geduldigen, christusähnlichen Zuhörens, um mein Herz zu schmelzen und mich zu ihm selbst zu führen.
Mein Gebet ist, dass er mir dabei helfen wird, darin zu wachsen, solch ein Zuhörer zu sein, um auch solch ein Zeugnis für ihn zu sein.